Kinderhort feiert Comeback

Erst wenn die Offene Ganztagsschule in NRW ihren Bildungsauftrag erfüllen kann, will die neue Landesregierung die Förderung von Horten einstellen. Experten sehen eine „positive Entwicklung“

VON NATALIE WIESMANN

Bildungsvertreter sind von der neuen Landesregierung „positiv überrascht“ worden: Generationsminister Armin Laschet (CDU) will die Abschaffung der Horte auf Eis legen und wendet sich so gegen die Pläne von Rot-Grün. Diese hatte beschlossen, sich ab 2007 ganz aus der Förderung der Einrichtungen auszuklinken und das Geld stattdessen in den Ausbau der Offenen Ganztagsgrundschulen zu investieren. So schnell ginge das nicht, so Laschet in der vergangenen Woche, „weil die Horte eine wichtige Arbeit in der Bildung und Erziehung von Grundschulkindern übernehmen.“ Erst wenn die Qualität der Bildung an der Offenen Ganztagsgrundschule gewährleistet sei, könne man Hortschließungen verantworten.

Mit „großer Genugtuung“ hat Johannes Bernhauser, Leiter der Bereiche Schule und Familie bei der Caritas des Erzbistums Köln, die Nachricht aufgenommen. Vergeblich hatte er 2004 mit Gewerkschaften und Elternvertretern die Initiative Pro Hort gegründet und 120.000 Unterschriften gesammelt. Ex-Schulministerin Ute Schäfer (SPD) blieb sichtlich unbeeindruckt. „Es könnten auch 500.000 Unterschriften sein, das ändert nichts an unseren Plänen“, soll sie ihm bei der Überreichung gesagt haben.

Das Argument von Rot-Grün: Hortplätze seien zu teuer und könnten so nur ein Angebot für Wenige sein. Die billigere Variante der Offenen Ganztagsschule bietet mehr Eltern die Möglichkeit einer Nachmittagsbetreuung für ihre Kinder. Hort-Befürworter, wie Bernhauser, malten bereits eine „Aldiisierung“ der Bildung an die Wand.

Das Einlenken der Landesregierung kommt auch für Wolfgang Paterok, Vorsitzender des Verbandes der Ganztagsschulen in NRW, gerade noch rechzeitig: Das Konzept der Offenen Ganztagsschule sei nicht genügend auf Bildung ausgerichtet, im Gegensatz zu einer klassischen Ganztagsschule, wie er sie leitet. „Wir haben 20 Prozent mehr pädagogisches Personal für den Nachmittag“, sagt er. Von den so genannten „Gebundenen Ganztagsschulen“ gebe es in NRW nur 34, seit zehn Jahren sei aber keine neue hinzugekommen – wie die Horte sind auch sie dem Land zu teuer. In Schäfers „Light-Version“, wie Paterok die Offene Ganztagsschule nennt, würden die Kinder am Nachmittag nur von fremdem, unqualifiziertem Personal betreut: „Das ist keine Antwort auf PISA“, sagt er.

Boris Nawrocki, Sprecher einer Hort-Elterninitiative aus Wickede an der Ruhr, freut sich sehr über die Wende der neuen Regierung. Er hofft, dass zumindest teilweise Horte bestehen bleiben können – vor allem für Kinder, die intensiv betreut werden müssen. Insgesamt sei aber ein „radikales Umdenken“ nötig, um die Bildungssituation der SchülerInnen im Land zu verbessern. „Dafür muss mehr Geld in die Hand genommen werden“.

Das Generationenministerium will mit Hilfe eines Kriterienkatalogs prüfen, welche der 28.000 Hortplätze im Land weiter erhalten werden. Sprecherin Lydia Jendryschik macht aber klar, dass es nur wenige Ausnahmen geben kann: Das Ziel sei auch unter Schwarz-Gelb der Ausbau der Offenen Ganztagsschule, sagt sie. „Wir haben nur den Zeithorizont verschoben.“