Afrika, europäisch betrachtet

Eine Ausstellung dokumentiert das Aufeinander Treffen von Afrikanern und Missionaren

Bremen taz ■ Sex sells. Auch im Überseemuseum. Wer dort die Ausstellung „Der dritte Raum“ betritt, stößt erst einmal auf eine große Holz-Plastik zweier Liebenden. In Missionars-Stellung. Worum es geht? „Wie Westafrikaner und Bremer Missionare Kultur aushandelten.“

Was passierte, als die Bremer Missionare und die Ewe-Bevölkerung im heutigen Togo am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts aufeinander trafen? Diese Frage versucht die Ausstellung mit Hilfe des Archivs der Norddeutschen Mission zu beantworten. Drei Jahre forschten die Kultur- und Religionswissenschaftler der Bremer Universität an dem von der Volkswagen-Stiftung unterstützten Projekt, 25 Studierende waren daran beteiligt – bis zur Präsentation. Mit darunter: Ein afrikanischer Student, der als einziger der Sprache der Ewe mächtig ist.

Den Schwerpunkt der Ausstellung bilden biografische Informationen von Missionaren und der afrikanischen Bevölkerung. Erzählt wird unter anderem die Geschichte eines weißen Missionars, der seine Arbeit ebenso gründlich wie pietistisch dokumentierte. Doch auch aus schwarzer Sicht kommen in erster Linie die missionarisch Tätigen zu Wort. Anhand von Briefen und Fotografien, Akten und einigen Objekten aus Westafrika sollen dadurch Kontakte, Konflikte und die Vermischung der Kulturen vermittelt werden. Dabei geht es oft ums ganz Alltägliche: Nahrung und Kleidung, Musik und Weihnachten oder die Eheschließung. „Die eigene Kultur wird verlassen, die fremde nicht vollkommen aufgesucht“, sagt Silke Seybold vom Überseemuseum. „Schließlich wird ein neuer, ein dritter Raum zwischen den Kulturen betreten.“

Dennoch bleibt der Blickwinkel allzu oft ein europäischer – notgedrungen, wie sich die Ausstellungsmacher verteidigen: Denn während die Missionare einen umfassenden Schriftverkehr und mehr als 5.000 Fotos hinterlassen haben, kannte das Volk der Ewe im wesentlichen nur die mündliche Überlieferung. „Da bleiben leider immer Lücken“, sagt Seybold – „das ist ein Problem der Schriftkulturen. Wir müssen erst die orale Tradition wieder hervorholen.“ Erst einmal will die Sachgebietsleiterin aber im Archiv der Norddeutschen Mission verschwinden.

Jan Zier

Die Ausstellung ist bis zum 13. November im Überseemuseum zu sehen.