Sprüth Magers: Was Nylon bewegt: Senga Nengudis Körperarbeiten
Ein eindeutiges Highlight auf der vergangenen Venedig Biennale war Senga Nengudis Installation A. C. Q. (2016–2017), ein gebündelter Strang aus aufgespanntem Nylon, der den Central Pavillon zusammenhielt. Die Künstlerin, die das elastische Gewebe mit Sand befüllt, mit Metall verknotet, es aufspannt und auseinanderzieht, hat die verwendeten Strumpfhosen zuvor getragen, bringt also mit ihnen einen Moment lang eine noch tiefere Ebene der „Body Memory“ in den Raum, als sie über die anthropomorphe Qualität ihrer Skulpturen ohnehin schon präsent ist. Ende der 1970er bezog sie in New York Tänzer_innen oder auch das Publikum in das „Handling“ dieser Objekte mit ein. In Venedig versetzten nicht Menschen, sondern die Luft eines Ventilators, der Wind, das Material in Schwingung. Was Nengudi in New York als Serie „R.S.V.P.“ begann, ist nun bei Sprüth Magers zu sehen – in Form von installativen Skulpturen wie R.S.V.P. Reverie „D“ (2014) und R.S.V.P. Reverie „Scribe“ (2014). Und auch hier stehen die Skulpturen zwar für den Moment unabhängig von Performances im Raum, ziehen aber genau dadurch den Blick entlang jeglicher Mikroschwingungen, die in der prekären Spannung zwischen Gewichten und Elastik vibrieren. Dazu zeigt die Galerie eine Reihe einprägsamer Fotoarbeiten der Künstlerin aus den späten 70er und frühen 80er Jahren, in die die Zeit der Performance ebenfalls eingeschrieben ist: das Nylon in Interaktion mit tanzenden Körpern. In der Komposition schweben diese Paare förmlich vor dem erhellten Bildraum. Dass Nengudi aber immer auch mit brachialem Material in Kontakt trat, zeigt „Rapunzel“ von 1981: spontan arrangierte sie vor der Abrissstelle einer katholischen Mädchenschule Metallstränge und Nylon vor einem Fenster, so als stiege eine Märchenfigur empor, die es nach allen Seiten hin zerreißt. nym
Bis 8. 9., Di.–Sa., 11–18 Uhr, Oranienburger Str. 18
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen