Wächter zum Spielen

PUA Feuerbergstraße befasste sich mit Sicherheitsdienst, der kranke Erzieher ersetzen musste. Dienstanweisung erlaubte Mitführen von Reizgas

von Kaija Kutter

In der Geschlossenen Unterbringung Feuerbergstraße (GUF) mussten Mitarbeiter der Sicherheitsfirma „Securitas“ auch allein Jugendliche beaufsichtigen und die Dienste kranker Erzieher ersetzen. Das kam bei der fortgesetzten Befragung des Heimleiters Wolfgang Weyandt im Parlamentarischen Untersuchungsauschuss (PUA) heraus.

SPD-Obmann Thomas Böwer hatte Weyandt mit einem Vermerk vom Oktober 2004 konfrontiert, aus dem hervorgeht, dass Erzieher D. krank sei und seine Dienste in der Gruppe „durch Securitas abgedeckt werden“. „Wir brauchten einen zweiten Mann“, erklärte Weylandt. „Da haben wir auf Securitas zurückgegriffen.“ Sonst sei man aber immer bemüht gewesen, „zwei Pädagogen in der Gruppe zu haben“.

Dass allerdings die Einzelbetreuung von Jungen durch die bisher hauptsächlich bei der U-Bahn-Wache tätige Firma rapide angestiegen sei, rechnete GAL-Obfrau Christiane Blömeke vor. Habe Securitas dafür im Juli 2003 noch 113 Stunden in Rechnung gestellt, so seien es im Dezember 2004 bereits 1.605 Stunden gewesen. Weylandt räumte daraufhin ein, dass einzelne Jungen, „nicht gruppenfähige“ oder „suizidgefährdete“, von den U-Bahn-Wächtern betreut wurden: Diese „waren einfach da und sind nicht von der Seite des Jugendlichen gewichen“. Auf Blömekes Frage, ob ein selbstmordgefährdeter Junge nicht eine Psychologin brauche, erklärte der GUF-Leiter: „Ein Psychologin ist für die ganze Einrichtung da und kann nicht immer dran sein.“

Da die Wächter den ihnen zugeteilten Jungen auch in die Gruppe folgten, konnte es schon sein, so Weylandt, dass sie „mal den Toaster holen“, oder mit den Jungen „Mensch, ärgere dich nicht spielen“ und die Erzieher dies für sich „als Rückzugsmöglichkeit“ nutzen. Dabei finde aber „keine Pädagogik statt“.

Der Einsatz von Sicherheitskräften in einer pädagogischen Einrichtung ist bundesweit einmalig. Kritiker vermuten, dass auch dadurch der Agressionspegel im Heim erhöht wurde. Der frühere Geschäftsführer des Landesbetrieb Erziehung und Berufsbildung, Wolfgang Lerche, hatte die Maßnahme denn auch abgelehnt. Erst als er im Frühjahr 2003 zurücktrat, woraufhin der in der Sozialbehörde zuständige Referent Dirk Bange übernahm, fand ein Sinneswandel statt.

„Für uns war es faktisch wichtig, dass in der Nacht zwei Personen anwesend sind“, so Bange vor dem PUA. Und auf die Frage, warum dies nicht zwei Pädagogen seien: „Natürlich standen wir auch unter Kostendruck.“ Bange, dessen Vernehmung in der nächsten PUA-Sitzung am 16. September fortgesetzt wird, war es, der den Vertrag mit Securitas und die dazugehörige Dienstanweisung unterschrieb. Darin ist es den Männern bei Ausflügen mit den Jungen erlaubt „Reizgasgeräte zum Selbstschutz“ mitzuführen. Ein Passus, den Heimleiter Weylandt, wie er beteuerte, „gar nicht richtig gelesen“ hat.