Die angekündigte Insolvenz

Wie kommt der kolportierte Fehlbetrag von einer Million Euro am Bremer Theater zustande? Antworten soll es auf der heutigen Sitzung der Kulturdeputation geben. Klar ist schon lange: Bleibt die Eigenkapitaldecke des Hauses dünn, drohen Insolvenzen

Bremen taz ■ Der Kultursenator sei „ziemlich angefasst“, heißt es hinter den Kulissen. Von einem finanziellen Defizit, dass sich – ebenfalls hinter den Kulissen des Bremers Theaters – zusammengebraut haben soll. Die Rede ist von einer Million Euro, aber eigentlich ist „allgemeines Stillschweigen vereinbart“, erklärt Lutz-Uwe Dünnwald, kaufmännischer Direktor des Goetheplatz-Theaters.

Intern hingegen hat Kultursenator Jörg Kastendiek (CDU) schon zugesichert, dem Theater gegebenenfalls mit einer Bürgschaft auszuhelfen. Eine Insolvenz solle in jedem Fall vermieden werden. Allerdings hat der Senator auch ein kräftiges „so geht das nicht weiter“ von sich gegeben. Schon als CDU-Fraktionsvorsitzender, also vor seinem Amtsantritt als Kultursenator vor einigen Monaten, hat sich Kastendiek vehement für eine betriebswirtschaftliche Überprüfung des Hauses ausgesprochen. Das Ende vergangenen Jahres vom Senat beschlossene Controlling durch die Price Waterhouse Cooper GmbH (PWC) aus Frankfurt/Main hat allerdings immer noch nicht begonnen.

Lange bekannt ist auch das Problem der dünnen Eigenkapitaldecke des Goetheplatztheaters: Dem Jahresumsatz von fast 29 Millionen Euro steht lediglich ein Eigenkapital von 184.000 Euro gegenüber – als betriebswirtschaftlich sinnvolles Minimum in dieser Relation gelten etwa zwei Millionen. Zum Vergleich: Das wesentlich umsatzschwächere Focke-Museum verfügt über eine Million, das Übersee-Museum über 6,2 Millionen Euro Eigenkapital. Hintergrund ist, dass den Museen ihre Häuser selbst gehören, so dass diese als deckungsfähig ins Eigenkapital eingerechnet werden können.

Das Theater jedoch scheut den Gebäudeerwerb unter anderem wegen der sechsstelligen Grunderwerbssteuer. Da dieses Problem trotz vieler Anläufe noch nicht gelöst wurde, haben die Bilanzen des Hauses eine chronische Nähe zur buchhalterischen Insolvenz. Zuletzt tauchte das Problem vor einem knappen Jahr auf, als der künstlerische Etat des Hauses um 500.000 Euro überzogen wurde.

Was hat es nun mit dem aktuell kolportierten Fehlbetrag von einer Million Euro auf sich? „Das ist eine schöne Zahl“, sagt Generalintendant Klaus Pierwoß, „aber ihr realer Gehalt steht auf einem andern Blatt.“ Auf welchem, das wird sich bei der heute anstehenden Sitzung der Kulturdeputation erweisen. Am Mittwoch tagt dazu der Aufsichtsrat der Theater GmbH, der von Amts wegen für die Kontrolle der Gesamtausgaben zuständig ist. Dessen Vorsitzender heißt Jörg Kastendiek. Henning Bleyl