was tun in hamburg?:
Sa, 12. 5., 20.15 Uhr + So, 13. 5., 19 Uhr, Lichthof-Theater
Apokalypse im Aquarium
Erst sind es nur ein paar Blasen, aber schnell entwickelt sich aus dem Blubbern einer Brausetablette ein veritabler Tsunami, der all die Playmobil-Existenzen im Aquarium in den Untergang reißt. Kameras werfen Bilder dieser Apokalypse auf die Leinwand im Bühnenhintergrund und aus dem Getöse steigt eine Frage auf: „Wenn unser Wohlstand auf der Welt Leid produziert, gehört das Leid dann uns?“ – „Heimatfront“ heißt das Tanzstück der Berliner Kompagnie MS Schrittmacher, in dem die drei Tänzer*innen Jorge Morro, Antje Rose und Nicky Vanoppen rund um ein aufblasbares Sofa mit allerlei Slapstick fragen, wie lange man in der Komfortzone Europa noch die ausbeuterischen und kriegerischen Konsequenzen eines menschenverachtenden Lebensstils ignorieren kann.
Mo, 14. 5., 20 Uhr, Thalia-Theater/Nachtasyl
Aufrichtige Anerkennung
Neid und Wut auf den Anderen: Solche „sozialen Gefühle“, wie der Soziologie-Klassiker Georg Simmel sie nannte, haben ihre Ursache nicht in der persönlichen, sondern in der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Dieser Umstand lässt erahnen, wie häufig sie in den politischen Debatten wirkmächtig werden: Die Erfahrung der Sozialstruktur repräsentiert sich in den Gefühlen ihrer Angehörigen, formuliert der Soziologe Sighard Neckel.
Dass sich diese Gefühle, auch wenn sie häufig destruktive Konsequenzen haben, aber gar nicht aus der Welt schaffen lassen, vermutet wiederum der Psychoanalytiker Eckehard Pioch: Neid sei eines der ersten Gefühle, das wir rund um die Geburt bewältigen müssen, argumentiert er – eben noch im Mutterbauch geborgen, erschreckt den Säugling die Getrenntheit und Abhängigkeit. Neid wirke deshalb auf einer tiefen, unbewussten Ebene.
Wie Neid aus ihrer jeweiligen Fachperspektive zu verstehen ist, wie er sich aufs Zusammenleben auswirkt – und ob er nicht entgegen seinem schlechten Leumund einfach die aufrichtigste Form der Anerkennung darstellt, erörtern Neckel und Pioch am Montagabend im Psychoanalytischen Salon im Nachtasyl des Thalia-Theaters.
Sa, 12. 5., 20 Uhr, Fabrique im Gängeviertel
Risse in der Ratio
Apropos Leumund: Realdadaismus nennt der seit 25 Jahren in der Berliner Subkultur predigende Pastor mit eben jenem Namen seine Beschäftigung mit der Erfahrung der Getrenntheit, genauer: mit Rissen in Vernunft und Verstand.
Hinter dem Künstlernamen verbirgt sich Jan Theiler. Einen Namen gemacht hat er sich im besetzten Cabaret Voltaire in Zürich und im besetzen Palast der Republik in Berlin als Mitbegründer der wachstumskritischen Bergpartei. Mit Neid kennt er sich also bestens aus, das hat der Pastor gerade bei den Mietendemos in der Hauptstadt unter Beweis gestellt. Und mit Wut ebenfalls, wie seinem gerade erschienenen Diskurs-Disco-Debütalbum „Konzentriert euch!“ zu entnehmen ist: „Wandel muss in Händen von Wütenden liegen / doch die Wut ist irgendwo im Regal liegen geblieben.“ (matt)
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