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Beate Schederschaut sich in Berlins Galerien um

Schon seit einiger Zeit beschäftigt sich Julie Favreau mit der Visualisierung einer Form von Erotik, die weder einen heteronormativen männlichen Blick bedient, noch ins Pornografische oder Seichte abrutscht. Für ihre neueste Videoarbeit, „Will Deliquesce“, die derzeit im House of Egorn zu sehen ist, lud sie Schauspieler in ihr Studio, die sich dort nackt auf engem Raum begegnen und sich wie in Zeitlupe berühren. Was wirkt wie ein intuitives Erkunden von Körpern, deren Geschlechter und Beziehungen zueinander komplett ohne Belang zu sein zu scheinen, hat die Künstlerin tatsächlich vorab durchchoreografiert. Zum Teil filmt ­Favreau das Geschehen durch eine manipulierte Glasscheibe, was dieses merkwürdig verzerrt erscheinen lässt, als sei Magie im Spiel. Dazu tragen auch die künstlichen Körperteile, Schulterstücke und Finger, die teils als taktiles Werkzeug der Protagonisten wirken, teils ein Eigenleben entwickeln. Schönes neues Lieben? Favreaus entwirft eine hierarchiefreie, fast unschuldige erotische Utopie (bis 30. 6., Mi.–Sa. 11–18 Uhr, Potsdamer Str. 96).

Oliver Larics Videoarbeit „Betweenness“, Herzstück seiner Ausstellung „Year Of The Dog“ bei Tanya Leighton habe ich bereits Anfang März in New York gesehen. Mehrfach. Die Metamorphosen, die sich in vektorisierend gezeichneten Animecharakteren abzeichnen, sind wahrhaft hypnotisch: Krebse begeben sich auf Wanderschaft, Pilze wachsen im Zeitraffer, Teekannen entwickeln sich zu majestätischen Laufvögeln, und, und, und. Bei jedem Schauen entdeckt man mehr. Ähnlich faszinierend sind die drei anubishaften „Hundemenschen“ aus Polyurethan, die im Nebenraum ihre Brut bewachen – wie sie sich wohl anfühlen? (bis 23. 6., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Kurfürstenstr. 156).

Der Preis für die im wahrsten Sinne des Wortes fantastischste Übersetzung menschlicher Albträume – zumindest unter dem Bruchteil aller Ausstellungen, die ich an diesem Gallery Weekend zu besuchen geschafft habe – geht an Danny McDonalds Schau bei Isabella Bortolozzi. Der Künstler bastelt seine irren Skulpturen aus Science-Fiction-Actionfiguren, Masken und Scherzartikeln zusammen. Da enthauptet Mr. Spock C3PO wie Judith den Holofernes, Chucky begibt sich mit einer riesenhaften Ratte auf einen Feldzug und Pinocchio trampelt auf der Bibel herum. Weiteren Interpretationsraum öffnen die Titel der Arbeiten. Fast alle handeln vom Suchen, nach den Sternen zum Beispiel, nach der Wahrheit hinter dem Volksglauben oder nach einem Hut, der zur Stimmung passt (bis 23. 6., Di.–Sa. 12–18 Uhr, Schöneberger Ufer 61).

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