berliner szenen
: Zum Schluss noch was über das Wetter

Wir begegnen uns auf der Straße. Ich erkenne ihn an seinem leicht schleppenden Gang. Wir lachen und bleiben stehen.

Ich habe lange an einem Ort gearbeitet, wo ich fast täglich mit ihm zu tun hatte, er kam eigentlich nur immer vorbei, das war alles. Wir gaben uns die Hand, ich redete mit ihm, er gab Geräusche von sich, irgendwann machte ich mit der rechten Hand eine Rauswerf-Geste, wir gaben uns wieder die Hand, drehten uns nach ein paar Schritten noch mal einander zu und hoben die Hand. Manchmal dachte ich daran, dass er doch gleich kommen müsste, und dann kam er um die Ecke.

Wir geben uns also die Hand und sehen einander eine Weile an, so als müssten wir feststellen, was sich in diesen drei oder vier Jahren verändert haben könnte. Er erzählt etwas, ich verstehe – wie immer – kein Wort, zum Schluss hebt er die Schultern und geht mit der Stimme hoch. Und so wie früher erzähle ich ihm, was ich bisher an diesem Tag gemacht habe, und sage zum Schluss etwas über das Wetter. Er nickt interessiert und sieht dann hoch in das wolkenfreie Blau, zeigt mit dem Finger, sagt etwas dazu und geht wieder mit der Stimme hoch. Ich rede, was mir gerade einfällt, dann redet er wieder.

Wenn er redet, wird er mitunter ziemlich laut und so haben wir nach ein paar Minuten einen Ring arabischer Männer um uns, die fasziniert verfolgen, was wir da tun. Nach einer Weile sage ich ihm, dass ich nun weitermuss, und wie immer ignoriert er es. Dann mache ich nach zwei weiteren Wortwechseln die Rauswerf-Geste, wir geben uns die Hand, die Männer gehen weiter, und wir heben nach wenigen Metern zum Abschied die Hand.

Ich bin gerührt und freue mich, ihn getroffen zu haben. Als ich schon in die nächste Straße einbiegen will, höre ich ihn rufen. Er kommt mit schnellen Schritten auf mich zu, umarmt mich kurz, und dann heben wir noch mal die Hand. Björn Kuhligk