liebeserklärung
: Videobeweis

Was wäre die Bundesliga ohne das drollige Eingreifen der Videoreferees? Stinklangweilig. Die Videoassis­tenten haben die Show unabhängig gemacht vom sportlichen Wert der Spiele

Welch wunderbare Saison in der Bundesliga! Der deutsche Ligafußball lebt. Und wie! Es ist, man kann es nicht anders sagen, wie eine Auferstehung von den Toten. Denn vor dem ersten Anpfiff in dieser Spielzeit war die Liga mausetot. Das einzig Spannende war die Frage, ob der FC Bayern es nun schaffen würde, schon vor Ostern die Meisterschaft perfekt zu machen, oder ob er vielleicht schon zur Winterpause nicht mehr einzuholen sein würde. Auch auf die elenden Relegationsspiele mit einem immer mehr nervenden Hamburger SV hat sich schon lange niemand mehr gefreut. In dieser Saison ist alles anders. Die Liga ist wieder zum Gesprächsthema geworden. Sie ist Entertainment pur. Wie schön, dass es den Videobeweis gibt!

Er sorgt für längst vergessen geglaubte Emotionen. Die drolligen Entscheidungen, die die Videoreferees in ihrem Bunker in Köln treffen, haben die Fußballshow Bundesliga unabhängig gemacht vom sportlichen Wert der Spiele. An jedem Spieltag wird ein echter Aufreger produziert. Sogar über Spiele wie Freiburg gegen Mainz, die eigentlich noch nie einen bleibenden Eindruck beim Publikum hinterlassen haben, wird bis zum folgenden Spieltag gestritten.

Es ist wahrhaft irre. Da werden Spieler aus der Kabine zurückgeholt, weil die Videoschiedsrichterin ein Handspiel erkannt haben will, das vielleicht gar keines war, woraufhin ein Elfmeter gepfiffen wird, der zum Tor führt. Was für eine Show! Wer interessiert sich da noch für die Überlegenheit des FC Bayern, für den HSV gar oder für den FC Schalke 04, den vielleicht am miesesten spielenden Tabellenzweiten, den die Liga je gesehen hat.

Man kann es dem Deutschen Fußball-Bund nicht hoch genug anrechnen, dass er den Videobeweis installiert hat, lange bevor dieser ausgereift war, lange bevor er sich sicher war, wie er angewendet werden soll, und dass er die Bestimmungen im laufenden Spielbetrieb dann auch noch geändert hat. Endlich wird wieder gestritten in den Kurven, über aberkannte Tore geheult und der DFB zur Fußballmafia erklärt!

Mit dem Videobeweis ist gewiss nicht die endgültige Gerechtigkeit eingezogen in die Liga. Mit ihm ist aber das große Gefühl zurückgekehrt in den tot geglaubten Ligabetrieb in Deutschland. Wie schön! Andreas Rüttenauer