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Exklusive Insel

betr.: „Kein Streit um Inklusion“ und „Maulkorb statt offener Diskussion“, taz Bremen vom 16. 4. 2018

Klaus Wolschner lenkt in Artikel und Kommentar die Aufmerksamkeit auf die Folgen der Unterfinanzierung des Inklu­sionsvorhabens und leitet daraus ab, dass es bei dem Konflikt lediglich um die Fragen der Ausstattung des Prozesses, nicht aber um die prinzipielle Haltung zur Inklusion geht. Das ist eine grundlegende Fehleinschätzung. Inhaltlich wird an der Position der Schulleiterin der Grundwiderspruch, der zwischen dem Inklusionsanspruch auf der einen und der in weiten Teilen auf Auslese und Abgrenzung ausgerichteten gesellschaftlichen Praxis auf der anderen Seite deutlich.

Unser Schulsystem entspricht mit seiner Zweiteilung – einerseits dem Königsweg mit dem klassischen bildungsbürgerlich geprägten Abitur und andererseits dem Rest – weitgehend dieser Praxis. So lange es nur um den allgemeinen moralischen Anspruch der Inklusion geht, sind fast alle dafür. Wenn es aber konkret wird, dann zeigen Teile der gesellschaftlich Bessergestellten die üblichen Reflexe nach dem St.-Florian-Prinzip. Sie wollen ihre exklusiven Inseln und verweigern sich dem mehrheitlich legitimierten Willen des Parlaments. Dass sie das nicht direkt so artikulieren, sondern sich der Methode „Ich habe ja nichts gegen …, aber“ bedienen, ändert nichts an dem Begehren der Umsetzung eigener abgegrenzter Exklusivität.

Die Bremer Bildungspolitik hat diesen grundlegenden Konflikt bisher ignoriert, moralisch argumentiert und die Inklusion machtpolitisch verordnet, ohne ihn in den Umsetzungsvorhaben ansatzweise zu verarbeiten. Das zeigt sich daran, dass die Schulleiterin sich auf Regelungen für das weitgehend auf kognitive Lernziele ausgerichtete Gymnasium bezieht, die zu dem Inklusionsanspruch im Widerspruch stehen. Der Ehrlichkeit halber hätte die politische Mehrheit im Parlament klarstellen müssen, dass die Umsetzung der Inklusion nur in einem Gesamtschulsystem möglich ist. Dass sie darauf verzichtet hat und gleichzeitig den bisherigen Inklusionsprozess radikal unterfinanziert, führt dazu, dass die Akzeptanz für das richtige Projekt zunehmend zerstört wird. Helmut Zachau, Bremen