Bundestagszuwachs

WAHLRECHT SPD verkündet Durchbruch bei den Verhandlungen über die Überhangmandate

BERLIN dpa/taz | Bei den Gesprächen über ein neues Wahlrecht für den Bundestag hat es einen Durchbruch gegeben – jedenfalls nach Meinung der SPD.

So erklärte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann am Mittwoch, die Fraktionen hätten sich grundsätzlich auf ein Modell mit Ausgleichsmandaten geeinigt. „Damit werden Überhangmandate vollständig neutralisiert“, sagte Oppermann. „Die Chancen sind jetzt gestiegen, dass wir uns bis Weihnachten auf einen konkreten Gesetzentwurf einigen.“

Zurückhaltender äußerten sich die anderen beteiligten Parteien. Der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, Volker Beck, erklärte das Modell zur „drittbesten Lösung“. Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) sagte vorsichtig: „Wir haben erneut Fortschritte gemacht, was die Bewertung der zur Diskussion stehenden Modelle betrifft. Wir streben nun eine Einigung zum Wahlrecht in der nächsten Sitzungswoche an.“

Käme es aktuell zu Neuwahlen, so gäbe es dafür kein gültiges Wahlrecht. Die Neufassung war notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht im Juli dieses Jahres zentrale Teile des von Union und FDP durchgesetzten Wahlrechts für verfassungswidrig erklärt hatte. Die Karlsruher Richter hatten insbesondere die bisherige Praxis bei den Überhangmandaten verworfen.

Derzeit sitzen 620 Abgeordnete im Parlament. Dass Überhangmandate jetzt durch zusätzliche Sitze für die anderen Parteien ausgeglichen werden sollen, dürfte jedoch dazu führen, dass der nächste Bundestag erheblich größer wird. Dies kritisierte vor allem die Linksfraktion. Deren Rechtsexpertin Halina Wawzyniak monierte, das jetzt verabredete Modell hätte bei allen Bundestagswahlen seit 1994 zu einer teils erheblichen Vergrößerung des Parlaments geführt. „Ein größerer Bundestag bedeutet nicht mehr Demokratie.“

Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate erhält, als ihr an Sitzen im Bundestag eigentlich zustehen. Ohne Ausgleich wären nach dem Karlsruher Urteil schon bei der nächsten Bundestagswahl nur noch maximal 15 davon erlaubt.

Bei der Wahl 2009 gab es jedoch 24 Überhangmandate, die damals alle an die Union fielen. Nach Rechnung der SPD hatte die Union daher einen rein wahlrechtsbedingtes Extra von 1,6 Millionen Wählerstimmen zugerechnet bekommen. Schwarz-Gelb hätte die Wahl jedoch auch ohne diese Mandate gewonnen.