Wohnungsbauer vor Pleite

Der hoch verschuldeten Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) droht die Insolvenz. Vorstand erwägt Verkauf von Mietwohnungen und umfangreiche Entlassungen

Für Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) war es ein Auftritt, der zu seinem Image passte. Der Mann, der als Sanierer des Berliner Haushalts in die Geschichte eingehen will, konnte im Mai 2004 einen neuen Erfolg vermelden. Berlins defizitäre Beteiligungsgesellschaften, verkündete er stolz, hätten ihre Verluste gegenüber dem Vorjahr reduziert. Vor allem wiesen die städtischen Wohnungsbaugesellschaften ein positives Jahresergebnis von 31 Millionen Euro aus. Einer der Stars war die Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM), die einen Gewinn von 10,5 Millionen Euro verbuchte.

Gut ein Jahr nach dem triumphalen Auftritt des Senators müssen einige WBM-Mitarbeiter feststellen, dass ihr Unternehmen vor der Insolvenz steht. In einem Bericht der Geschäftsführung an den Senat vom 25. August, der den Mitarbeitern in die Hände fiel, heißt es: „Die Zahlungsunfähigkeit des Konzerns wird sich nach aktueller Planung im März 2006 einstellen.“

Die WBM, die vor allem mit Bankkrediten in Höhe von 1,2 Milliarden Euro belastet ist, hat schwerwiegende Liquiditätsprobleme. Die Wohnungsbaugesellschaft werde das Wirtschaftsjahr 2005 nach aktueller Planung mit nur 385.000 Euro Liquidität beenden, heißt es weiter in dem Bericht. Angesichts der Schulden ein katastrophaler Zustand.

Als kurzfristige Lösung bleibt nur der Verkauf von Mietshäusern. Statt des bisher geplanten Verkaufs von 2.500 Wohnungen in diesem Jahr könnten es bis zu 10.000 werden – rund ein Drittel des Bestandes. Als weitere dringende Sanierungsmaßnahme wird in dem Vorstandspapier der Abbau von Arbeitsplätzen genannt. Laut WBM-Insidern sollen rund 400 der bisher 700 Stellen eingespart werden.

Nach Zahlen vom Jahresbeginn ist der Hauptgläubiger der WBM die landeseigene Investitionsbank Berlin. Sie hat mit rund 400 Millionen Euro ein Drittel der WBM-Kredite in ihrem Portfolio. Zweiter Großkreditgeber ist die Bankgesellschaft Berlin, die zu 80 Prozent dem Land gehört, mit fast 300 Millionen Euro. Damit ist Berlin bei der von der Pleite bedrohten Gesellschaft mit 700 Millionen Euro engagiert. Bürgschaften für Kredite in Höhe von 291 Millionen Euro werden dem Steuerzahler wenig Trost spenden, sie stammen vom Land und vom Bund.

Der Grünen-Haushaltsexperte Oliver Schruoffeneger betrachtet die Lage der WBM mit Sorge. Das Unternehmen sei in so schlechtem Zustand, dass ein Verkauf vermutlich nicht ausreichen würde, um die Bankkredite zu tilgen. MATHEW D. ROSE, DDP