Kurviges Profil

MTV und Viva starten in die neue Programmsaison: Doku-Soaps, Dating-Shows und Sarah Kuttner sollen für Unterscheidbarkeit sorgen

VON DAVID DENK

Wenn Sarah Kuttner vom 13. September an wieder ihr loses Mundwerk auf die Fernsehzuschauer loslässt, wird vieles wie immer sein: ihr Mundwerk sowieso, auch ihr „entspannt gekämmter Studio-Co-Pilot Sven Schuhmacher“ (Pressemitteilung), dazu Interviews mit Stars und solchen, die es gerne wären, sowie deren Auftritte, wobei Kuttners Redaktion ein erfreulich glückliches Händchen bewiesen hat.

Alles andere wird anders: der Name, das Studio, der Sendeplatz, der Sender. Dienstags und donnerstags um 21 Uhr wird „Kuttner“ fortan aus Berlin auf Sendung gehen – bei MTV. Für MTV-Sprecher Mats Wappmann ist dies lediglich Wegmarke eines „kontinuierlichen Prozesses der komplementären Ausrichtung im Zuge der Umpositionierung“ von MTV und Viva nach der Übernahme von Viva durch den MTV-Mutterkonzern Viacom im Sommer 2004.

Klingt kompliziert, ist aber eigentlich ganz einfach: Viva soll „eine eher weibliche Kernzielgruppe der 10- bis 29-Jährigen“ ansprechen und MTV die Jungs. Deswegen wird Sarah Kuttner auch zu MTV wechseln (neben der Castingshow „MTV A Cut“ übrigens das größte Novum im Programm). „Sarah passt einfach besser zum kantigeren Profil von MTV“, sagt Elmar Giglinger, Programmdirektor Musikfernsehen bei MTV Networks. Die Gerüchte, dass auch Charlotte Roche, die bis Ende 2004 bei Viva „Fast Forward“ moderiert hat, zum neuen MTV-Profil beitragen soll, kann Sprecher Mats Wappmann nicht bestätigen. Er wisse nur von gescheiterten Verhandlungen mit MTV Networks nach dem Ende von „Fast Forward“.

Aber was soll das überhaupt heißen: „kantigeres Profil“? Am besten erklärt es sich wohl aus dem Kontrast zum Viva-Programm. Die neuen Formate dort können gar nicht teeniepoppig-pink genug sein. Da wären: „Jung, sexy, sucht …“: In der heute startenden „verrückten Dating-Show“ buhlen vier Kandidaten „um die Gunst des Pickers“; „Viva Live! Deine Welt um Drei“ als Nachfolger von „Interaktiv“ (Sendestart: 12. September); die „trashig-komische“ Karaokeshow „Shibuya“ (startet morgen) sowie die Schummel-Dokusoap „Unser Block“, die seit gestern läuft (siehe taz vom 5. 9.).

Stolz verkündet Viva, dass man wieder stärker auf exklusive Formate setzt. „Besonders mit seinen vier neuen Eigenproduktionen geht Viva gezielt auf die Interessen und Vorlieben der Viva-Zuschauer ein“, heißt es. „Kurz: Viva kümmert sich mit seinem Programm um alles, was bei den jungen Zuschauern einen wichtigen Bestandteil des Lebens einnimmt.“

Auch wenn dies auf Handys definitiv zutrifft, hat sich die neue Senderfamilie ein überraschendes Gelübde auferlegt: keine nervtötende, aber einträgliche Klingeltonwerbung mehr zur wichtigsten Sendezeit von 16 bis 24 Uhr. MTV startet damit im Oktober, Viva wird eine ähnliche Sperrzeit im März einführen. „Ziel ist es, vermehrt klassische Werbekunden anzusprechen“, erklärt MTV-Sprecher Wappmann. Signale wie diese Selbstbeschränkung und die zunehmende Abkehr von eingekauften US-Formaten lassen auf einen wirklichen Neuanfang hoffen. Den wagt zunächst einmal vor allem MTV2 Pop. Der Kanal wird ab dem 12. September zum Kindersender „Nick“ – einem Wiedergänger des bereits zwischen 1995 und 1998 bestehenden Nickelodeon. Unverändert bleibt dagegen der Ableger Viva Plus. Hier wird es weiterhin Klingelton- und Laufbandterror geben.