Schröder stoppt US-Investor bei MTU

Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes: Verkauf von militärischen Kompetenzen ist künftig genehmigungspflichtig

FREIBURG taz ■ Gerhard Schröder reitet wieder für Deutschland. Mitten im Wahlkampf verschärft die Bundesregierung die Außenwirtschaftsverordnung und schafft so die Möglichkeit, einen Verkauf des Technologieunternehmens MTU an einen US-Finanzinvestor zu verbieten.

Künftig gilt: Wer ein Unternehmen „mit Kernkompetenzen in militärischer Produktion“ an einen „gebietsfremden Erwerber“ veräußern will, muss dies dem Bundeswirtschaftsministerium melden. Der Wirtschaftsminister, zurzeit Wolfgang Clement (SPD), kann dann binnen vier Wochen den Verkauf untersagen, „soweit dies erforderlich ist, um wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten“.

Bisher war die Eingriffsmöglichkeit der Bundesregierung enger. Sie konnte den Verkauf eines Unternehmens nur untersagen, wenn es um „Kriegswaffen“ im engeren Sinne oder um Verschlüsselungstechnologie ging. Der mögliche MTU-Verkauf an den US-Finanzinvestor Carlyle hätte so nicht gestoppt werden können. Künftig soll es schon genügen, wenn ein Unternehmen „Dieselmotoren oder Getriebe für Panzer“ herstellt.

Die Änderung wurde am Montag vom Kabinett im Umlaufverfahren beschlossen. Am Donnerstag soll sie im Bundesanzeiger veröffentlicht werden und am Freitag in Kraft treten. Eine Beteiligung des Bundestags oder des unionsdominierten Bundesrats ist nicht erforderlich.

In Wahlkampfzeiten interessiert sich die Öffentlichkeit natürlich vor allem für die Sicherung von Arbeitsplätzen am Standort Deutschland. Beim Motorenhersteller MTU arbeiten 6.700 Menschen. Offiziell geht es darum aber nicht, sondern nur um deutsche Sicherheitsinteressen. Der Abfluss von heiklem Know-how ins Ausland soll verhindert werden. Die Übernahme eines Betriebes durch Finanzinvestoren gilt dabei als besonders bedenklich, weil diese ein Unternehmen oft schon nach wenigen Jahren weiterverkaufen und deshalb niemand weiß, wo die Blaupausen letztlich landen. Die EU hatte bisher keine Einwände gegen solche Ausnahmeklauseln zum Schutz der nationalen Sicherheit, da sie im EG-Vertrag ausdrücklich erlaubt sind.

Voriges Jahr hatte es in Deutschland bereits eine ähnliche Diskussion gegeben. Die Politik reagierte damals auf den Verkauf der Kieler Howaldtswerke – Deutsche Werft AG (HDW) an den US-Investmentfonds One Equity Partners. Im Mai 2004 beschloss der Bundestag daraufhin eine Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, mit der Meldepflicht und Verbotsmöglichkeit grundsätzlich eingeführt wurden. In der ausführenden Verordnung wurde von den gesetzlich eingeräumten Möglichkeiten damals aber nur begrenzt Gebrauch gemacht. Erst die jetzige Ausweitung der Außenwirtschaftsverordnung schöpft den gesetzlichen Rahmen aus. Deshalb war die Änderung auch so kurzfristig möglich.

Die CDU hatte im Vorjahr der rot-grünen Einschränkung des Freihandels zugestimmt, während der Bundesverband der Deutschen Industrie vehement protestierte und „freiwillige Lösungen“ forderte.

CHRISTIAN RATH