KOW: Fotografien aus Kiew: Techno als Revolte
Im Militärjargon steht „Maskirovka“ für verdeckte Kriegsführung, für eine Reihe von Methoden also, den Gegner über die eigenen Absichten und Aktionen in die Irre zu führen. Auch die Verwirrungsstrategien der russischen Militärs im Konflikt in der Ostukraine wurden so beschrieben.
Dass Tobias Zielony diesen Begriff als Titel für seine Fotoserie gewählt hat, die zwischen 2016 und 2017 in Kiew entstanden ist und derzeit bei KOW ausgestellt wird, verweist nicht nur auf diesen Umstand. Folgt man seinem Blick, wird Maskerade vielmehr auch zu einer Form des Widerstands: Die Protestierenden der Maidan-Bewegung trugen Masken, um sich vor Tränengas zu schützen, in der queeren Technoszene des Nach-Maidan-Kiews, die Zielony in seinen Bildern dokumentiert, finden diese Nachhall in flamboyantem Makeup, in aufwendigem Conturing, roten Lippen und Glitzerpuder. Zielony hält fragile Momente der Kiewer Rave-Kids fest. Seine Bilder erzeugen Nähe, ohne bloßzustellen. Sie zeigen junge Menschen auf der Suche nach sich selbst und Selbstbestimmung, die sich gemeinsam einsam zum Rauchen auf dem Balkon, in der Schlange zum Club, in Parks, Partys und Privatwohnungen begegnen. Sie tanzen am Abgrund einer brüchigen Gesellschaft und bilden gleichsam eine hoffnungsvolle Schicksalsgemeinschaft, in der Nationalismen, Genderstereotype, Konventionen keine Rolle mehr zu spielen scheinen. bsh
Bis 15. 4., Di.–So. 12–18 Uhr, Brunnenstr. 9
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
