Skulptur auf die Hand

Hamburger Künstlerschaft liefert regelmäßig Frischware: Der temporäre Kunstimbiss in der Hafencity versteht sich als Aushängeschild der lokalen Szene

von Petra Schellen

Eigentlich ist es ein ganz normaler Imbiss. Theke, Wurstanfasser und freundliche Verkäufer sind jedenfalls vorhanden. Und dann natürlich die Aussicht auf die noch in Hafencity-Manier zu bebauenden Brachen, auf den elbphilharmonisch zu krönenden Kaispeicher A sowie die bei den Magellan-Terrassen gebauten Wohnungen, die einheitlich, aber kaum ästhetisch wirken. Von Ferne hörte man bis vor wenigen Tagen des Abends den „Jedermann“ übers Fleetwasser brüllen – kurz: Das perfekte Idyll haben sich die KünstlerInnen Katharina Kohl und D.G. Reiß für ihren „Kunstimbiss“ ausgesucht, eins der prämierten Hafencity-Kunstprojekte dieses Sommers.

Bilder, Skulpturen, Postkarten und nach Spielzeug aussehender Tiefsinn sind da zu finden, finanziell irgendwo zwischen einem und 300 Euro angesiedelt und im Duktus gekonnt, kritisch und oft vergnüglich. Zulieferer ist die Hamburger Künstlerschaft, „von der wir hoffen, dass sie nach Ablauf dieses Projekts dauerhaft etwas ernsthafter zur Kenntnis genommen wird“, sagt Katharina Kohl. „Denn viele Interessenten, die an unserem Stand vorbeikommen, bringen eine Hemmschwelle gegenüber moderner Kunst mit und freuen sich über Tipps. Wir geben übrigens auch Atelieradressen oder Ausstellungstipps mit auf den Weg und freuen uns über jeden, mit dem wir ins Gespräch kommen.“

Einige der über diese „ambulante Kunstversorgung“ verkäuflichen Objekte waren übrigens nur in limtierter Auflage vorhanden und sind bereits vergriffen, aber es kommt regelmäßig frische Ware. Doch nicht nur als KunstanbieterInnen, sondern auch als MittlerInnen innerhalb der Künstlerschaft betätigen sich Kohl und Reiß. „Unser Wagen, den wir nach dem 16. Oktober – dann endet unsere Aktion – wohl verkaufen werden, ist zu einem inoffiziellen Treffpunkt geworden.“ Zum Abschluss soll es übrigens eine Künstler-Tauschbörse oder einen „Ausverkauf“ geben – ganz wie im profan kommerziellen Leben eben.

Ob passantenfreundliche Kunstvermittlung dieser Art dereinst zur Dauerinstitution werden und in ernsthafte Konkurrenz zu Würstchen- und Getränkebuden treten wird, sei vorerst dahingestellt. Aber vielleicht kann es dereinst eine fruchtbare Symbiose geben – Büdchen zum Beispiel, an denen man zum Getränk gegen Aufpreis gleich eine Prise Kunst bekommt. Könnte doch immerhin ein Anfang in Sachen forcierter Volksbildung sein ...

Der Kunstimbiss am Kaiserkai (ehemals Dalmannkai) in der Hafencity ist geöffnet samstags und sonntags von 15 bis ca. 22 Uhr. Ausgenommen Regenperioden. Am kommenden Sonnabend (10.9.) wird – parallel zur zweiten Hamburger Theaternacht – ab 20 Uhr „Chanson Electoronique“ mit Rock, Bossa und surrealen Texten den Sonnentergang illustrieren.