wortwechsel
: Gerechtigkeit gegen jedermann

Marlies Krämer scheiterte beim Bundesgerichtshof mit ihrer Klage auf sprachliche Gleichstellung. Unsere Leserinnen, auch die männlichen, reagieren kritisch und sarkastisch

Die 80-jährige Feministin Marlies Krämer beim Bundesgerichtshof Foto: Uli Deck/dpa

Herzlichen Dank!

„Kundin muss ‚Kunde‘ bleiben“, taz vom 13. 3. 18

Herzlichen Dank an die Richterin Gregor Galke des Bundesgerichtshofs für die überfällige Klarstellung, dass ein Geschlecht nicht dadurch beleidigt oder diskriminiert wird, dass es mit dem anderen verwechselt oder gar bezeichnet wird! Das erleichtert ungemein, denn nun kann man endlich frei formulieren!

Man wählt einfach die weibliche Form, das klingt einfach eleganter, und man hat damit alle mitgemeint! Kein Schüler, kein Lehrer, kein Direktor, kein Arzt, kein Professor, kein Schornsteinfeger, kein In­ge­nieur, kein Bergarbeiter, kein Politiker und kein Aktionär kann sich ab sofort mehr beschwert fühlen durch die Bezeichnung und Anrede als Schülerin, Lehrerin, Direktorin, Ärztin, Professorin, Schornsteinfegerin, Ingenieurin, Bergarbeiterin, Politikerin oder Aktionärin.

Endlich Frischluft in der deutschen Schreibstube!

Was haben wir uns einen abgebrochen, die männlichen Inhaberinnen von Posten und Pöstchen, von Funktionen und Aufgaben um Gottes willen nicht unter den Schreibtisch fallen zu lassen! Der Schrägstrich! Das große Binnen-I! Die Doppelbenennung! Alles nicht mehr nötig. Einfach -in dranhängen, den Rest knicken, und alle Geschlechter, auch die unbestimmten, sind fröhlich mitgemeint.

Was haben wir für kluge Richterinnen! Friederike Perl, Stuttgart

Schade!

„Im Namen des Patriarchats“, taz vom 13. 3. 18

Der BGH erweist sich als herrlich dämlich oder als dämlich herrlich.

Selbst „Nehmen Sie es wie ein Mann, Madame!“ scheint das Bewusstsein der Richter gut 43 Jahre später noch nicht erreicht zu haben. Schade! Andreas Krebs, Deggingen

Kein „Weiter so“!

„Im Namen des Patriarchats“, taz vom 13. 3. 18

Wenn „ein männlicher Sprachgebrauch keine Geringschätzung gegenüber Frauen ausdrücke“ (Text), so dürften sich ja im umgekehrten Sprachgebrauch die Männer auch nicht gering geschätzt fühlen. Das sollte mal für einige Jahre auf allen Gebieten ausprobiert werden.

Alle weiblichen und männlichen Richterinnen(!) an allen Gerichten, in den Unternehmerinnen von den Vorstandsetagen bis in die untersten Berufsgruppierungen (Putz-/Klomann), müssten sich dann des gewechselten Sprachgebrauchs bedienen, um für die Allgemeinheit verständlich zu bleiben.

Wer sieht denn da Probleme bei Ansprachen? Reine Gewöhnungssache! Vielleicht. Oder dann doch lieber trennende Ansprachen?

Frau Merkel und Groko sollten dazu gefragt werden müssen. Schließlich ist ja ihre Groko der Ansicht, dass es ein „Weiter so“ nicht geben werde. Oh, da fällt mir der „129a“ ein, der auch nicht so weitergehen kann. Und noch viel mehr!Johannes Haschke, Bochum

Komfortable Spielwiese

„Im Namen des Patriarchats“, taz vom 13. 3. 18

Im Kommentar zum Thema „gegenderte Sprache“ heißt es, dass die männliche Sprache nicht im Namen des Volkes spricht, „das sich bereits mehrere Regierungen gewählt hat, die das anders sehen“.

Die SPD regiert nur mit. Dass sie auch quantitativ immer unbedeutender wird, ist vielleicht der Sache zu schulden, dass ihre Basis, ihre eigentlichen (bisherigen) Wähler in der Mehrheit mit dem Thema Gender nicht viel anfangen können (wie überhaupt eine breite Menge der Bevölkerung): Sie interessieren sich einfach nicht dafür. Viele stehen auf dem Standpunkt, dass Gender eine komfortable Spielwiese ist, auf der man sich austoben kann, wenn alle satt sind, bezahlbaren Wohnraum haben und eine annähernde Vollbeschäftigung zu gerechtem Lohn da ist. Dieser Unmut wird „oben“ nicht wahrgenommen – mit allen Konsequenzen. Karin Zimmermann, Brachbach

Humbug in den Köpfen

„Im Namen des Patriarchats“, taz vom 13. 3. 18

Ist es denn jetzt in der taz schon so weit, dass so argumentiert wird: „Denn immerhin ist der gesamte deutsche Staat anderer Meinung und empfiehlt (…) offiziell seit Längerem (…)“? Gilt also, was der Staat vorgibt, mehr als, was die Bevölkerungsmehrheit spricht? Und wer ist schuld, wenn nicht überall gendergerecht gesprochen wird – die Menschen, die Sprache oder nicht vielleicht doch die Verhältnisse, die sich in dieser Sprache abbilden?

In allen Firmen, in denen ich bisher arbeitete (das ist im sozialen Bereich), waren die Abteilungsleiter mehrheitlich Frauen, die Geschäftsführer Männer. Den von der Karrierebremse betroffenen Frauen ist keineswegs damit geholfen, wenn man sie „Abteilungsleiterinnen“ nennt.

Im Gegenteil, das ist eine oberflächliche Nettigkeit, die die Ungerechtigkeit schönredet, indem sie die Illusion nährt, „Abteilungsleiterinnen“ wären irgendwie etwas anderes als „Abteilungsleiter“ und daher vielleicht weniger geeignet, zu Geschäftsführern aufzusteigen.

Erst wenn dieser Humbug aus den Köpfen verschwunden ist, wird sich auch die Sprache ändern, und zwar von ganz alleine, da bin ich sicher. Staatliche Sprachvorschriften können diese Entwicklung nicht beschleunigen, höchstens behindern. Martin Schönemann, Hamburg

Kindererziehung

„Back to Sex!“, frauentaz vom 8. 3. 18

Es wäre echter Fortschritt für die Gleichstellung, wenn Eltern für Erziehungsjahre nicht nur Geld in der Rente angerechnet bekommen, sondern auch die Zeit, die sie zu Hause bei den Kindern waren. Ich werde mit 67 in Rente gehen, offiziell nach 45 Jahren, die ich in die Rente eingezahlt habe, tatsächlich wären es aber 53, wenn mir die Kindererziehung dabei in Zeit genauso angerechnet würde, wie das jetzt finanziell getan wird. Ich finde das eine große Ungerechtigkeit, und es ist wert, dagegen zu kämpfen. Wer bekommt noch Kinder unter solchen Voraussetzungen? Barbara Keller, Mainstockheim

#Kirchenaustritt

„#AidToo“, taz vom 12. 3. 18

Wir sollen bei uns anfangen, heißt es im Schlussappell von Monika Hauser, Cordula Reimann und Sybille Fezer. In diesem Zusammenhang sollten wir uns immer wieder auch diese patriarchalischen Strukturen in der katholischen Kirche vornehmen. Kalt lächelnd behauptet man da einfach, sich mit der Frage des Frauen­ordinariats nicht beschäftigen zu wollen. Vielleicht könnte ein #Kirchenaustritt von Frauen und den sich mit ihnen solidarisierenden Männern zum Verlust der Deutungshoheit von Männern über Frauen führen. Uschi Schmidt, Saarbrücken

Neue maskuline Form

„Liebe Leser!“, taz-Titelseite vom 14. 3. 18

Dann definieren wir doch einfach, dass mit der grammatikalisch männlichen Form alle gemeint sind, weiblich, männlich, trans und so weiter, und die Männer bekommen ihre eigene Form! Überall, wo man -in dranhängen kann, kann man auch -er dranhängen. Dann heißt es eben: liebe Bäcker (für alle) oder liebe Bäckerin, lieber Bäckerer … Klingt komisch? Das Binnen-I, Unterstrich und x klingen auch komisch. Dann werden wir ja sehen, wie oft die Männer allein gemeint sind.Ulrike Spies, Marburg

Wunderbare Reaktion

„Liebe Leser!“, taz-Titelseite vom 14. 3. 18

Welch wunderbare Reaktion auf das Urteil vom BGH! Diese Titelseite verdient, verbreitet zu werden, einschließlich des Kommentars von Heide Oestreich. Eins hättet ihr noch hinzufügen können: Unsere Bundeskanzlerin verspricht in ihrem Amtseid, gegen jedermann Gerechtigkeit auszuüben. Das passt doch ins Bild, oder? Barbara Hofmann, Plochingen