DIE STIMMEN DER ANDEREN
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■ Neue Zürcher Zeitung (Schweiz)

Europa brauch die politische Union

Es geht darum, das Unvermeidliche weiter voranzutreiben, etwa die sogenannte Banken-Union mit in Brüssel zentralisierter Aufsicht und der Fähigkeit, notleidende Institute zu liquidieren oder mit gemeinschaftlichem Geld zu refinanzieren. Dies sollte mit den langfristigen Plänen einer politischen Union verschränkt werden. Selbst die Bildung dieser Union ist mehr das Produkt von Nötigung als Vision: Die Übertragung von Souveränität und Macht nach Brüssel ist durch demokratische Legitimität zu untermauern. Die Politiker haben es zumeist versäumt, ihre nationale Öffentlichkeit über diese Zwänge – und die Risiken des Nichtstuns – ins Bild zu setzen. Auch das erschwert und verzögert die Überwindung der Krise, und es spielt den Populisten in die Hände.

■ Die Presse (Österreich)

Die hilflosen Euro-Retter

Wenn sich die Staats- und Regierungschefs der EU diese Woche erneut in Brüssel um eine Lösung für Griechenland und den Euro bemühen, wird das Tempelhüpfen fortgesetzt. Frankreichs Präsident Hollande und Deutschlands Finanzminister Schäuble bemühen sich mit relativ sinnlosen Maximalforderungen, die eigene Klientel warmzuhalten – nach dem Motto: „Ich habe es ja versucht!“ Der eine mit der neuerlichen Forderung nach Eurobonds und der Einflussnahme auf die Lohnpolitik anderer Länder, der andere mit der totalen Überwachung der Austeritätspolitik von Ländern wie Griechenland, Italien oder Spanien durch einen mächtigen Sparkommissar in Brüssel. Der Richtungskampf bringt in Wirklichkeit nur eines: eine steigende Frustration in der Bevölkerung über die Unfähigkeit der europäischen Regierungen, eine gemeinsame Lösung auszuhandeln.

■ Le Figaro (Frankreich)

Solidarisch gegen Deutschland

Die gegensätzlichen Positionen erinnern an die Frage nach dem Huhn und dem Ei. Für Deutschland kommt die Haushaltskontrolle vor der Solidarität. Frankreich will erst die Solidarität, bevor strengere Kontrollen eingeführt werden. Im Zentrum des großen Missverständnisses steht die Banken-Union, auf die man sich im Juni geeinigt hatte. Paris sieht darin wie Madrid ein Instrument, um in Schwierigkeiten geratene Banken zu unterstützen, ohne das Staatsdefizit der betroffenen Länder zu berücksichtigen. Nicht so schnell, erwidert die Kanzlerin, die vermeiden möchte, dass ihr Land die Verluste der spanischen Banken aufgebrummt bekommt, bevor diese einer europäischen Kontrolle unterworfen werden. Im Streit über das Huhn und das Ei wird es François Hollande und Angela Merkel schwerfallen, eine Einigung zu finden.

■ Quest-France (Frankreich)

Trügerische Verschnaufpause

Nach 25 Krisengipfeln haben sich die politisch Verantwortlichen der EU-Staaten wieder in Brüssel versammelt. Mit dem vielleicht trügerischen – Gefühl, dass sie nun nicht mehr ganz so nahe am Abgrund stehen. Die Märkte scheinen ihnen eine Verschnaufpause gewährt zu haben. Dies hängt mit den Beschlüssen zusammen, die beim EU-Gipfel im Juni getroffen wurden. Auch die Entscheidung des Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, von Anfang September, Staatsschulden unbegrenzt kurzfristig aufzukaufen, ist von Gewicht. Doch wie lange noch?

■ Protagon (Griechenland)

Sinnlose Generalstreiks in Athen

Von 1980 bis 2008 haben 38 Generalstreiks stattgefunden. Auf den zweiten Platz kommt Italien mit 16, danach Frankreich mit 10 und dann Portugal mit 3 Generalstreiks. Bedeutet die große Anzahl der Streiks in Griechenland, dass wir Gewerkschaften haben, die eine harte Haltung gegenüber den Arbeitgebern einnehmen? Nach so vielen Jahren kann man das wohl nicht sagen. Es zeigt nur, dass die Gewerkschafter entweder unüberlegt oder auf Befehl der Parteien handeln – oder dafür kämpfen, ihre Privilegien zu bewahren. Die Streikenden sind nur dann erfolgreich, wenn sie keine zu unrealistischen Forderungen haben (wie die Abschaffung der Sparpakete). Wenn die Streiks die Arbeiter ermüden und enttäuschen und zudem von parteinahen Gewerkschaftern untergraben werden, dann sind letztlich die Arbeitgeber die einzigen Gewinner. Quellen: eurotopics, dpa