KAI SCHÖNEBERG ÜBER DAS FAZIT DES AUSSCHUSSES ZUM ATOMMÜLLAGER ASSE
: Beispiel kollektiven Versagens

Das Atommüllager Asse zeigt, wie Industrie und Politik über Jahre getrickst und gelogen haben

Nach drei Jahren Arbeit zieht der Untersuchungsausschuss zum Atommülllager Asse Bilanz: Die angebliche „Entsorgung“ der Atomfässer erfolgte teilweise illegal. Es sollte schnell gehen. Zudem wollten die Behörden vor allem eins: den leicht und mittelstark radioaktiven Schrott aus Forschungsreaktoren, Krankenhäusern und Atomkraftwerken möglichst billig unter der Erde verklappen.

Die Asse ist ein bizarres Beispiel dafür, wie Industrie, Politik und Wissenschaft jahrzehntelang getrickst und gelogen haben. Zuerst wurde versprochen, der Atommüll werde eines Tages wieder aus dem „Versuchsendlager“ geborgen. Dann sollte das Bergwerk geflutet werden. Immerhin hat der Ausschuss nun festgestellt, dass in der Asse „unter dem Deckmantel der Forschung“ schwach- und mittelaktiver Müll in großen Mengen entsorgt worden ist.

In vielem sind sich alle Parteien einig. Das ist drei Monate vor der Landtagswahl in Niedersachsen bemerkenswert. Zudem förderte das Gremium zutage, dass die Gefahren der Asse jahrelang totgeschwiegen wurden. Vom Auftreten radioaktiv belasteter Lauge hat die Bergbehörde zwar bereits 1994 gewusst, das Umweltministerium erfuhr davon aber erst 2008 – durch Presseberichte. Da sich das die Fässer umgebende Salz bewegt, ist der Atommüll nun nur noch schwer für die geplante Rückholung auffindbar. Die Asse hätte nie Atommülllager werden dürfen, so viel ist klar.

Ob Salz als Lagergestein damit generell auszuschließen ist – und damit auch der Salzstock in Gorleben –, ist unter Experten umstritten. Festzuhalten ist: Nach der Asse-Erfahrung empfiehlt sich Salz offensichtlich nicht für die Lagerung von Atommüll. Trotzdem braucht Deutschland eine Lagerstätte, die schwer radioaktiven Müll für die nächsten Jahrtausende vollständig und sicher versiegeln kann.

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