schurians runde welten
: Auf der Bettkante mit Poldi

„Wir müssen bei der WM 2006 alles tun, um die Sicherheit zu gewährleisten. Ich würde den Einsatz der Bundeswehr im eigenen Land deshalb nicht ausschließen.“ (Volker Kauder, CDU)

Wenn Volker Kauder klatscht, hebt der CDU-Generalsekretär den rechten Arm und verprügelt seine linke Handfläche. Dazu bewegt Kauder die Lippen, dass ich meine, Strophen zu hören im brüchigen Diskant. Und plötzlich sehe ich den Flaum an seinem Kinn, Karottenjeans, Cowboy–stiefel, Blouson. Hinter Kauder steht ein Golf-GTI mit Pioneer-Aufklebern. Es ist Freitag und der Bundeswehr-Fähnrich wartet Schlüssel klimpernd auf die Streberin aus dem Physikleistungskurs. Wie immer kommt Kauder zu früh. Aus Zweimalfuffzigwattboxen dröhnt Queen. Kauder singt, klatscht und ist nicht allein – in den Achtzigern.

Aber weshalb hören Menschen, die ihre homophile Seite so angestrengt zu verbergen trachten, gerne schwule Popmusik? Ein grandioses Missverständnis hat nicht nur Freddie Mercury zur Gallionsfigur der Generation Playboy werden lassen. Bis heute hat der Oberlippenbart des Queen-Sängers ein gesellschaftliches Reservat auf Fußballfankurven gefunden.

Die Musik zum Fußball ist wie ein trojanisches Pferd: Männer, die jeden Gegner eine Schwuchtel heißen, brüllen mit bei Right Said Fred – Ende der Achtziger Jahre landeten die Briten mit „I‘m too sexy“ ihren ersten Hit, spreizten sich tuntig auf, seit einigen Jahren tarnen sie sich als ruppige Saufkumpanen.

Ob Gloria Gaynors Überlebenslieder, die pazifischen sexuellen Orientierungen von Pet Shop Boys und YMCA, Marianne Rosenbergs Selbstvergessenheit – was von der Gay-Community zu Hits hochgejubelt wurde, hat ausgerechnet die homophobe Fußballgemeinde anstandslos übernommen. Dazu die Umarmungen der Profis, die Bierduschen der Tribünenbesucher, die Freundschaftsbeweise im Alkoholrausch, Männerwelten. Ob Fußballfreunde oder Queen-Fan Kauder, es geht letztlich wohl doch ums versteckte Schwulsein, um den Austausch von Zärtlichkeiten wie kleine Jungs, die sich gegenseitig auf die Hoden klopfen. Erwachsen pflegen sie dann ihre martialische Seite, weil sie Angst haben vor der Wahrheit: Einen wie Lukas Podolski nicht von der Bettkante stoßen zu wollen.

10.9. Leverkusen – Schalke

Der vierte Spieltag ist dem Spielleiter des Deutschen Fußballbundes besonders intim gelungen: Es kommt gleich zu drei Westvergleichen. Eher nachtragend ist dafür das Verhältnis zwischen Werksclub und dauerverletztem Kapitän Jens Nowotny geworden. Vor Gericht geht es um Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, was schon wieder schräg klingt, bei einem Fußballer, der auch deshalb Millionen bekommt, weil er ein gewisses Risiko auf sich nimmt.