Einzug der Neuzeit

Mit der Eröffnung des „Weltstadthauses“ von Renzo Piano als Kaufhaus für Peek & Cloppenburg setzt Köln ein längst fälliges städtebauliches Zeichen

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Für moderne bauliche Highlights ist Köln im Unterschied etwa zu Bonn oder Oberhausen eine weniger ‚geliebte‘ Adresse. Vielmehr kollidiert hier der Zeitgeist, siehe die banale Hochhausplanung auf der rechten Rheinseite, gar mit dem Dom als Unesco-Weltkulturerbe. Mit Renzo Pianos am Mittwoch eröffnetem Modekaufhaus für Peek & Cloppenburg an der Einkaufsmeile Schildergasse ist der Architektur und Stadtplanung Kölns eine Image-Korrektur gelungen, die zum Maßstab zukünftiger Baukultur vor Ort avancieren sollte. Der italienische Architekt hat nicht nur ein modernes und qualitativ hochwertiges Warenhaus, sondern zugleich ein spektakuläres städtebauliches Zeichen inmitten der öden Fußgängerzone geschaffen.

Neu an dem Bauwerk für Peek & Cloppenburg ist die architektonische Interpretation eines Kaufhauses, das den Fetisch Ware als offene Inszenierung feiert. Bei dem schmalen Grundstück (4.400 Quadratmeter) zwischen Schildergasse und Cäcilienstraße hat Piano nicht den Fehler begangen, einfach eine Baulücke zu schließen. Vielmehr hob er die städtische Enge auf durch einen 130 Meter langen freistehenden Flügel, dessen Glasfassaden und sichtbare Holzkonstruktion der Dichte wieder Raum geben. Die fünf Stockwerke für die Bekleidungswaren, die Kantine und eine Veranstaltungs-Kuppel unter dem lichten Dach umschloss der Architekt mit einer transparenten Hülle aus Glas, welche die fünf freistehenden Plattformen mit 15.000 Quadratmeter Nutzfläche nicht einmal berührt.

Wie in einem theatralischen Atrium durchziehen die länglichen Plattformen den Bau, das ‚gläserne Kleid‘ ist diesen quasi wie ein Schleier übergestülpt, gehalten von dünnen Holzspannten, die sich als Rahmen in einem Bogen über das gesamte Haus spannen. Die Architektur spielt damit die Rolle des funktionalen Schaufensters, das Waren und Kunden zugleich als Inszenierung begreift: Mode wird – anders als in dunklen Kaufhausburgen – in dem modernen „Cristal Palace“ ausgestellt, die Käufer drinnen sowie die Passanten draußen bilden die Protagonisten eines Verkaufsspiels, die Architektur gibt die fünfstöckige Bühne dafür her.

Westlich des langen Glaskörpers hat der Architekt einen klassischen Verkaufskubus angedockt, der zudem Flächen für die Büros und Nebenräume beinhaltet. Dass man von diesen – von der Schildergasse aus gesehen – kaum etwas bemerkt, ist ein städtebaulicher Geniestreich Pianos, führt er doch die Glasfassade in einer leichten Rundung um die gesamte Grundstücksfläche. Die Rundungen des durchsichtigen, gekrümmten Schiffskörpers, eines „gestrandeten Wals in der Stadt“, wie der kölsche Volksmund das Haus taufte, eröffnen vor dem Gebäude und als Nachbar der Antoniterkirche jeweils Raum für kleine urbane Plätze.

Sechs Jahre Bauzeit sind seit Pianos Entwurf für das fünfte „Weltstadthaus“ von Peek & Cloppenburg nach Berlin, Frankfurt, Düsseldorf und Leipzig vergangen. Dass der Bau über einer vierspurigen Unterführung und neben der historischen Kirche wegen bautechnischer und finanzieller Probleme überhaupt zustande kam, kann nur als Glücksfall bezeichnet werden. Er bedeutet als Ziel eine städtebauliche Aufwertung vor Ort. Darum täte die Stadt gut daran, sich an allen weiteren neuralgischen Punkten der Stadtplanung – wie bei der Messe, der Airport City oder beim Technologiepark – nicht mit den einfachen, sondern schwereren aber besseren Lösungen zufrieden zu geben.