Braunschweig bekommt die Mauer

„BILD“-SPENDE Das Stück der Berliner Mauer, dass der Axel-Springer Verlag jetzt dem Land Niedersachsen geschenkt hat, steht seit Montag an prominenter Stelle direkt gegenüber dem Braunschweiger Rathaus

Die Braunschweiger Grünen sprachen von einer „platten PR-Aktion der ‚Bild‘-Zeitung“

An den Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag des Mauerfalls ist derzeit schwer vorbeizukommen, aber in Braunschweig ist es jetzt noch ein bisschen schwerer. Auf dem dortigen „Platz der Deutschen Einheit“ steht seit gestern das Mauerstück, dass der Axel-Springer Verlag dem Land Niedersachsen zugedacht hat. „Hannover hatte schon eins“, sagt Regierungssprecher Roman Haase. Also habe Braunschweig „als zweitgrößte Stadt“ den Zuschlag bekommen.

Die Aktion von Springer und Bild, bei der 16 tonnenschwere Originalstücke zum Einsatz kommen, stieß nicht überall auf Gegenliebe. Im Saarland gab es Widerstand, weil auf dem Denkmal nicht nur der deutschen Teilung, sondern auch des Verlegers Axel Springer gedacht wird, „der gegen alle Widerstände an seinen Traum von der Einheit Deutschlands festhielt“, wie dort zu lesen ist.

Vielleicht um solchen Diskussionen zu entgehen, hat Hamburg sein Mauerstück diskret am „Horner Kreisel“ auf der Ausfallstraße Richtung Berlin entsorgt. In Braunschweig dagegen steht das Denkmal zentral gegenüber dem Rathaus. Eingeweiht wurde es gestern vom stellvertretenden Bild-Chef Alfred Draxler, dem Braunschweiger Oberbürgermeister Gert Hoffmann (CDU) und Ministerpräsident Christian Wulff (CDU).

Wulff war immerhin so geistesgegenwärtig zu bemerken, dass es „auf den ersten Blick vielleicht ein wenig paradox“ wirke, 20 Jahre Mauerfall mit dem „Wiederaufbau eines Stücks der alten Mauer“ zu feiern. Jedoch sei dieses Mauerstück „ein Symbol der überwundenen Unfreiheit“ und damit eine prima Sache.

Eine Erinnerung an den Untergang der DDR hätte die ehemalige Zonenrandstadt Braunschweig freilich schon viel länger haben können. Bereits kurz nach der Wende hatte der Tankstellenpächter Erhard Miltz Mauerstücke „direkt von Brocken geholt“, wie seine Frau Heide erzählt. Miltz stellte die drei Stücke Mauer auf dem Gelände seiner Aral-Tankstelle auf, später vor seinem Wohnhaus. Der Versuch, sie der Stadt Braunschweig anzubieten, sei jedoch misslungen. „Da bestand kein Interesse.“

Wenn das Mauerstück von Axel Cäsar Springers Erben kommt, ist es natürlich etwas anderes. Grüne und Linke haben übrigens bei der Einweihung gefehlt – die Grünen sprachen von einer „platten PR-Aktion der Bild-Zeitung“. DANIEL WIESE