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: Ein ungutes Déjà-vu

BASKETBALL Albas Sieg gegen die Gäste aus Ulm schien ausgemachte Sache – dann drehte sich das Spiel

Ein wenig ungläubig schauten viele der gut 9.000 Zuschauer in der Arena am Ostbahnhof am Sonnabend auf das Spielfeld. Alba Berlin hatte gerade das Kunststück fertiggebracht, einen sicher geglaubten Sieg gegen Ulm doch noch aus den Händen zu geben. Fast die gesamte Partie lagen die Berliner vorn, zeitweise mit bis zu 15 Punkten. Am Ende verloren sie 80:88. So durfte sich mancher an den denkwürdigen Auftritt der DFB-Elf gegen Schweden erinnert gefühlt haben, als Schweinsteiger & Co. eine mehr als klare Führung verspielten. Bis ins letzte Viertel dominierte Alba die Partie, dann kam der Einbruch. Die Verteidigung versagte, im Angriff gelang kaum noch etwas. „Wir haben gar nicht mehr reagiert und die falschen Entscheidungen getroffen“, resümiert Trainer Sasa Obradovic.

Ironie der Geschichte: Nur zwei Tage zuvor hatte Alba Ähnliches erlebt – aber genau anders herum. Im Euroleague-Spiel gegen den französischen Meister Chalon lag Alba immer zurück, drehte aber in den letzten Minuten dank einer Energieleistung noch die Partie. Genau jene Energie schien den Berlinern am Sonnabend zu fehlen.

Jedenfalls war diese Erklärung später allenthalben zu hören. Als Ausrede wollte es aber niemand gelten lassen. „Das wird ja das ganze Jahr noch so gehen“, erklärt Nationalspieler Heiko Schaffartzik, der mit 17 Punkten bester Berliner Werfer war. „Wir hätten den Sack einfach viel früher zumachen müssen“, findet Forward Sven Schultze. Gerne hätten die Berliner erst am Sonntag gespielt, „denn jede Stunde zusätzliche Regeneration zählt“, glaubt Manager Marco Baldi. Aber am Sonntag war die Halle belegt. Und während Ulm sich sieben Tage vorbereiten konnte, hatte Alba gerade mal einen.

Die erste Saisonpleite trübt ein wenig den bisherigen Alba-Auftakt. In den ersten beiden Ligaspielen wurden die Gegner förmlich plattgewalzt, in der Euroleague, der Königsklasse der Basketballer, konnten die ersten beiden Spiele sensationell gewonnen werden. Alba präsentierte sich in erstaunlicher Frühform. Ulm-Trainer Thorsten Leibenath hatte deshalb auch viel Lob übrig: „Das Team ist hervorragend zusammengestellt. Sie spielen derzeit den besten Basketball der Liga.“

Euroleague ist lange her

Gegen Ulm, den Zweiten der letzten Saison, nützte das aber nichts. Topspiele in so kurzer Folge scheinen für das neu formierte Team noch schwer zu verkraften zu sein, körperlich wie mental. „Wir sind ja immer noch im Aufbau“, betont Baldi. Die letzte Euroleague-Teilnahme liegt schon dreieinhalb Jahre zurück. Keiner aus dem jetzigen Kader war damals dabei.

Alba hat seine Spiele in dieser Saison durch Energie und Willen gewonnen. Ausbaufähig sind aber die spielerischen Elemente: Missverständnisse, Abstimmungsprobleme, unnötige Ballverluste – gegen Ulm häuften sich die Fehler. Trotz toller Frühform läuft es noch nicht rund. „Unsere Möglichkeiten müssen insgesamt noch breiter werden“, fordert deshalb Baldi.

Auch beim Personal gibt es Probleme. Im Gegensatz zur Euroleague dürfen in der Liga nur sechs Ausländer spielen, Alba hat sieben im Kader. Einer muss also auf die Tribüne. Bisher traf es Brian Randle – der US-Amerikaner war kürzlich für Nathan Peavy nachverpflichtet worden, der mit Kreuzbandriss pausiert. Zudem prellte sich Center Yassin Idbihi gegen Chalon das Knie und musste gegen Ulm zuschauen.

Alba spielt ein sehr laufintensives Spiel mit kompromissloser Verteidigung. Deshalb wechselt Trainer Obradovic auch fleißig durch. Fehlen nun aber Akteure, fehlt automatisch bei den anderen die nötige Frische.

Die müssen die Berliner aber möglichst schnell wiederfinden. Schon am Mittwoch geht es nach Polen, zum Euroleague-Spiel in Gdynia. Von dort geht es direkt zum nächsten Ligaspiel nach Ludwigsburg. Kaum Zeit für Regeneration. Alba muss deshalb möglichst schnell seinen Rhythmus finden. NICOLAS SOWA