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in der taz vor 16 JahrenLech Wałesa vom anderen Stern

Vier Tage hetzte Lech Wałesa von Termin zu Termin. Vier Tage der Versuch, die polnische Situation zu erläutern, und das Bemühen, die satte, vorwiegend mit sich selbst beschäftigte bundesdeutsche Gesellschaft zu interessieren.

Wałesa kam von einem anderen Stern. Nirgendwo wurde das deutlicher als auf der Belegschaftsversammlung von Krupp. Die Dimension der politischen Umwälzung in Polen, die Dramatik des dortigen wirtschaftlichen Verfalls und die damit verbundenen Gefahren und Chancen für die Entwicklung in Ost und West wurden in dieser Versammlung nicht einmal im Ansatz deutlich. Wałesas Botschaft, mit Phantasie das eine Europa zu bauen, die ökonomischen Entwicklung in Polen mutig und unkonventionell zu unterstützen, stand der Bericht über die Renovierung von Waschkauen, die Einrichtung von zusätzlichen Kaffeeräumen und der Streit um besondere Zulagen bei Krupp gegenüber. Solche Sorgen hätten die polnischen Kollegen nur allzugern. In ihrem Land bekommt man für 50 Mark 220.000 Zloty. Das ist zweieinhalb mal soviel, wie ein Lehrer im Monat verdient.

Für die Polen, für die Gewerkschaft Solidarność wird es nach dem Besuch sicher noch häufiger wohlmeinende Worte geben – aber keine angemessene Reaktion. Die Linke in der BRD macht da keine Ausnahme. Im Gegenteil, ihr ist der gläubige Katholik Wałesa, der die Kapitalisten zu Investitionen nach Polen einlädt und ihnen gute Geschäfte verspricht, ohnehin suspekt. Also herrscht links Funkstille. Man legt die Hände in den Schoß und läßt die Polen allein – auch die vielen Sozialisten in der Solidarność. Walter Jakobs, 9. 9. 1989

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