Einstellung des NS-Prozesses gefordert

NAZIVERBRECHEN Gericht lehnt im Verfahren gegen mutmaßlichen Kriegsverbrecher Befangenheitsantrag ab

AACHEN dpa/ap | Im NS-Prozess gegen den früheren SS-Mann Heinrich Boere (88) hat die Verteidigung die Einstellung des Verfahrens beantragt. Nach der Verurteilung Boeres durch den Sondergerichtshof Amsterdam 1949 sei ein zweites Strafverfahren in demselben Fall nicht zulässig – auch wenn das damalige Urteil nie vollstreckt worden sei.

Boere soll 1944 als Mitglied des SS-Killerkommandos „Feldmeijer“ drei niederländische Zivilisten erschossen haben. Der damals junge SS-Mann habe die vermeintlichen Widerstandskämpfer aus niedrigen Beweggründen heimtückisch getötet, hieß es in der am Montag verlesenen Anklage. Einen Befangenheitsantrag gegen Oberstaatsanwalt Ulrich Maaß wies das Gericht als unbegründet ab.

Boere habe im Juli 1944 mit einem Komplizen in Breda die Apotheke von Fritz Bicknese betreten und diesen nach seiner Identität gefragt. Als sich Bicknese zu erkennen gab, habe Boere sein Gegenüber mit Schüssen niedergestreckt, sagte Staatsanwalt Andreas Brendel.

Am 3. September habe Boere auf Befehl mit einem Komplizen den Fahrradhändler Tuin de Groot in Voorschoten bei Den Haag erschossen. Im Anschluss hätten die beiden SS-Männer den Prokuristen Frans-Willem Kusters getötet. Die Morde seien „zynische Vergeltungsmaßnahmen“ an Zivilisten gewesen – für von niederländischen Widerständlern verübte Attentate an Niederländern, die mit den Nazis kooperierten.

Der im Rollstuhl sitzende Boere verfolgte den zweiten Prozesstag in sich versunken. Ein 1949 über ihn verhängtes Todesurteil war später in lebenslange Haft umgewandelt worden, die er nie antrat. Das neue Verfahren ist auf 13 Verhandlungstage bis zum 18. Dezember angesetzt.