heute in hamburg
: „Das verbaut mir die Annäherung“

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Peter Thiessen, 46, der Sänger, Gitarrist und Texter der Band Kante arbeitet außerdem als Theatermusiker.

Interview Leif Gütschow

taz: Herr Thiessen, Sie spielen und singen heute Abend Hanns Eisler im Pudel. Wie sind Sie gerade auf den österreichischen Komponisten gekommen?

Peter Thiessen: Ich habe bei einer Ausstellung über Walter Benjamin und Berthold Brecht in Berlin zur Eröffnung gespielt. Dafür habe ich mir die Eisler-Stücke, der ja mit Bert Brecht zusammengearbeitet hat, erarbeitet. Für heute haben wir das noch ein bisschen erweitert. Jörg Pohl, ein unglaublich toller Schauspieler, liest noch zwei Texte, einen von Benjamin und einen von Heiner Müller.

Konzentrieren Sie sich in Ihrer Auswahl auf eine bestimmte Zeit im Werk von Eisler?

Es ist eher so ein bisschen thematisch strukturiert. Ich fange mit seinen agitatorischen Arbeiterliedern an und dann geht es von da durch seine Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg und im Exil. Und dann geht es mit Heiner Müller eben auch in das Nachkriegs-Ostdeutschland. Wenn man so will, geht es um das kommunistische Arbeiterlied und was im Laufe der Zeit daraus geworden ist.

Hanns Eisler hat oft genaue Angaben zur Vortragsweise gegeben, so empfiehlt er etwa: „Dieses Lied singt man am besten so: Zigarette im Mundwinkel, Hände in den Hosentaschen, leicht grölend, damit es nicht zu schön klingt und niemand erschüttert wird.“ Stützen Sie sich auf solche Angaben?

Sehr schön! Mir sind aber diese Angaben oft zu sehr aus der Gewissheit heraus entstanden, dass man auf der richtigen Seite steht. Das verbaut mir so ein bisschen die Annäherung an die Stücke. Weil das extrem den pädagogischen Aspekt, den die Lieder natürlich auch haben, betont. Da fühlt man sich dann so ein bisschen wie in der Schule, das nervt.

Was macht Eisler heute eigentlich noch aktuell?

Ich finde gar nicht, dass Sachen immer aktuell sein müssen. Man kann sich auch mal mit nicht-aktuellen Sachen beschäftigen. Ich bin einfach Fan von dem, der hat ein Händchen für wunderschöne Melodien.

Sie spielen mit Ihrer Band Kante häufig in Theaterproduktionen. Veröffentlichen Sie selbst bald wieder ein Album?

Wir haben gerade zwei Baustellen. Einmal arbeiten wir an einem neuen Album und dann noch an einem Projekt: „Das Haus der herabfallenden Knochen“. Dieses hat im August auf Kampnagel Premiere. Wir machen das zusammen mit Khoi Khonnexion, einer Band aus Kapstadt.

Konzert und Lesung „Und es sind die finstren Zeiten in der fremden Stadt“ mit Peter Thiessen, Jörg Pohl und Hans Stützer: 20 Uhr, Golden Pudel Club, St. Pauli Fischmarkt 27