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: Keine Empfehlung zur Wahl

Eine Woche vor der Bundestagswahl meldet sich der DGB Berlin-Brandenburg zu Wort und kritisiert Hartz IV heftig. Der Termin, eine Zwischenbilanz zu ziehen, habe nichts mit der Wahl zu tun, hieß es. Wenig glaubwürdig.

KOMMENTAR VON RICHARD ROTHER

Denn selbstverständlich nutzen die Gewerkschaften die erhöhte Aufmerksamkeit vor der Wahl, um ihre Positionen in die Öffentlichkeit zu tragen. Das ist ihr gutes Recht, andere Interessengruppen machen es genauso. Bemerkenswert ist: Die Politik von Rot-Grün wird kräftig kritisiert, aber Schwarz-Gelb traut man noch viel weniger über den Weg – auch wenn sich Merkel in dieser Woche mit der DGB-Spitze traf.

Dennoch spricht der Gewerkschaftsdachverband – weder in Berlin noch im Bund – keine Wahlempfehlung aus. Die Anhänger der Linkspartei, deren Positionen sich weitgehend mit gewerkschaftlichen deckt, mag das vielleicht ärgern – verständlich ist es allemal. Schließlich sind die Gewerkschaften überparteilich, eine Wahlempfehlung kann nur die Ausnahme sein.

Wichtiger aber ist das strategische Argument: Würden die Gewerkschaften zur Wahl der Linkspartei aufrufen, wären sie bei den kommenden Auseinandersetzungen – Kündigungsschutz und Flächentarifvertrag stehen bei CDU und FDP schon auf der Abschussliste – leicht zu isolieren. Nach dem Motto: Wer eine Knapp-zehn-Prozent-Partei unterstützt, hat kaum genügend Rückhalt in der Bevölkerung.

Im Moment können die Gewerkschaften nur noch hoffen, dass es am Ende für Schwarz-Gelb nicht reicht. Rein pragmatisch gesehen aber dürfte es für einen Gewerkschafter egal sein, bei welchem der drei Konkurrenten er sein Kreuzchen macht; es sei denn, er möchte die SPD in einer möglichen großen Koalition stärken. Aber ist der Hartz-Ärger schon verflogen?