wortwechsel
: Der grüne Klimawandel:
Jugendstil ohne Marotten

Die neue grüne Führungsspitze weckt große Hoffnungen und Erwartungen. Wird sich die große ökologische Vision mit ökonomischen Zielen der Umverteilung vereinbaren lassen?

Grüne Bühne frei für eine Realo-Show mit Vision und Pepp Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Was bewirkt die neue grüne Spitze?“,

taz vom 29. 1. 18

Umverteilung

Wir haben keine Wechselstimmung im Lande. Es fällt aber auf, wie nach der 100-Prozent-Wahl von Schulz nun auch bei den Grünen große Hoffnung auf Veränderung sichtbar wird. Sätze wie Annalena Baerbocks, „Wir sollen den Widerspruch zwischen radikal und staatstragend als Chance begreifen“, und Robert Habecks, „Was ist im 21. Jahrhundert eigentlich links?“, begründen diese Hoffnung. Wenn Habeck das Wort Umverteilung, das die SPD seit Godesberg nicht mehr denkt, nur sagt, ist der Wille zum Umsteuern sichtbar. Dabei bedürfte es gar keiner Verteilung des Bestehenden, sondern nur eines Stopps der Umverteilung von 99 auf 1 Prozent.

Seit 25 Jahren wächst das privat verfügbare Finanzvermögen in der Bundesrepublik um jährlich 150 Milliarden Euro (Bundesbank). 100 Milliarden sollten durch Steuern in den Gemeinschaftstopf zurückfließen. Die fossilen Energieträger werden in der Bundesrepublik, auch im Zeitalter von Klimawandel und Energiewende = Anthropozän, immer noch mit jährlich 50 Milliarden Euro subventioniert. Was für ein Wahnsinn. Kostenehrlichkeit bedeutete, die CO2-Schadstoffbeseitigungskosten in die Energiepreise einzurechnen. Allein damit wäre die Große Veränderung, die Transformation angestoßen. Dazu als Drittes: Stellen wir uns den Fragen über nachhaltiges Wachstum. Klaus Warzecha, Wiesbaden

Rollator-Kapitalismus

Letztlich wird die Auseinandersetzung zwischen „westlichem Kapitalismus“, der sich Demokratien leistet, oder „östlichem Kapitalismus“, der sich dirigistischer Autokratien bedient, geführt.

Die „Humanisierung des Kapitals“ ist die Kapitulation vor der Zerstörung unserer ökologischen und ökonomischen Grundlagen, zugunsten von einem Prozent der Menschheit.

Da aber nur wenige zum Kampf gegen die inneren und äußeren Ursachen bereit sind, ergibt es Sinn, wenigstens die Auswirkungen abzumildern. Vielleicht ergibt sich daraus neue Bewegung oder Widerstand.

Vorwärts Grüne, aber nicht vergessen, dass ihr unter die Räder der eigenen Rollator-Generation geraten könntet.

Klaus-Peter Klauner, Brühl

Grüner Jugendstil

„‚Es nutzt nichts, das wegzureden‘“,

taz vom 29. 1. 18

Sehr geehrte Redaktion,

der Pragmatismus von Jürgen Trittin führt in die richtige Richtung. Denn auch wenn der linke Flügel nicht mehr ganz oben an der Spitze bei den Grünen direkt vertreten ist, geht von der Wahl von Robert Habeck und Annalena Baerbock in jedem Fall ein sehr positives Signal aus, da beide bislang mit ihrem Engagement sehr glaubwürdige Protagonisten beim Klimaschutz und damit einem entscheidenden Markenkern der Partei gewesen sind.

Zudem haben jetzt die Grünen – sieht man einmal von der FDP ab – als einzige politische Gruppierung im Bundestag eine jüngere Führungsspitze. Deshalb sollte man diesen „Jugendstil“ vor allem dazu nutzen, um mit starken Visionen zu unterstreichen, wer das Land wirklich voranbringt, zumal CDU, CSU und SPD spätestens mit ihrem Ausbremsen der Energiewende gezeigt haben, dass sie eher die Vergangenheit als die Zukunft repräsentieren. Rasmus Ph. Helt, Hamburg

Kindeswohl

„Man muss auch das Kind zumindest befragen“, taz vom 26. 1. 18

Ließe sich eine derartige Anhäufung von Fehlern sowohl aufseiten eines Jugendamtes als auch seitens eines Familiengerichts vermeiden? Helfen würden die von Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes, eingeforderten rechtlichen Veränderungen: Kinderrechte mit Verfassungsrang. Das wäre notwendig, ja zwingend, aber nicht hinreichend im jeweiligen konkreten familiären Zusammenhang.

Vieles, was dem heute neunjährigen Jungen angetan wurde – keiner weiß, wie lange der Junge dadurch beeinträchtigt sein wird –, wäre auch unter heutigen Bedingungen vermeidbar gewesen. Das Jugendamt und auch das Familiengericht hätten zusätzliche fachliche Kompetenz zum Beispiel einer Kinderpsychologin oder einer Erziehungsberatungsstelle in Anspruch nehmen können. Dann wäre es sicher zu einer Anhörung und angemessenen Beteiligung des Jungen und zu einer Beratung der Mutter gekommen.

Auch wenn eine Anhörung des Jungen nach jetziger Gesetzeslage nicht zwingend ist, fachlich, aus kinderpsychologischer Sicht, ist sie unverzichtbar. Zukünftig werden Beziehungskonstanz, Vertrauensbildung, erlebbare Empathie für den Jungen wichtig sein, „Kindeswohl“ muss für den Jungen erlebbar werden.

Nach dem bisherigen „Versagen“ seitens der nächsten Beziehungspersonen, des Jugendamts und des Familiengerichts wird das eine mehr als schwierige Aufgabe, die gleichwohl begonnen werden muss.

Peter Stolt, Hamburg

Gemeinsames Erinnern

„Im Wald der namenlosen Toten“,

taz vom 26. 1. 18

Ich danke Ihnen sehr, dass sie sich des Themas Maly Trostenec angenommen haben. Der Artikel ist sehr gut und einfühlsam geschrieben.

Was allerdings auffällt, ist, dass es keinerlei Hinweis darauf gibt, was die Initiatoren des Internationalen Bildungs- und Begegnungswerks Dortmund/Minsk (IBB) wollten: ein gemeinsames Erinnern von Österreichern und Deutschen!

Auch wäre ein Hinweis auf die Wanderausstellung über Trostenec in Köln, vielen anderen deutschen und belarussischen Städten sowie anderen europäischen Nachbarländern sehr zu begrüßen. Desgleichen ein Hinweis auf die Rezension zu dem Band „Im Schatten von Auschwitz“.

Nochmals aber Dank, dass sie sich überhaupt mit dem Thema des größten NS-Vernichtungslagers auf dem Boden der ehemaligen Sowjetunion beschäftigt haben. Ludwig Brügmann, Berlin