Fischer: Linke müssen Bier trinken

Beim Fernsehdreikampf der kleinen Parteien bietet Oskar Lafontaine (Linkspartei) dem Grünen Joschka Fischer eine Wette um Champagner an. FDP-Chef Guido Westerwelle steht daneben und kann vergnügt über die „gestörte Zweierbeziehung“ lästern

VON LUKAS WALLRAFF

Wenn sich zwei Linke streiten, freut sich der Liberale. Dann kann er den sachlichen Staatsmann spielen, dem es nicht um persönliche Reibereien, sondern einzig und allein um Inhalte sowie um die Information der Zuschauer geht. So mag sich das Guido Westerwelle vorgestellt haben, als er am Donnerstagabend zum so genannten TV-Dreikampf mit Oskar Lafontaine und Joschka Fischer antrat. Doch der FDP-Chef musste sich gedulden, bis ihm die beiden den Gefallen taten, aufeinander loszugehen.

Lange blieb es friedlich. Vor allem Lafontaine schien vollauf damit zufrieden, endlich auch mal wieder in einer wichtigen Fernsehrunde mitreden zu dürfen – und sei es nur beim Aufeinandertreffen der Kleinparteienvertreter. Die ihm zugedachte Rolle des leicht verrückten Draufhauburschen wollte der Spitzenkandidat der Linkspartei zunächst partout nicht einnehmen. Im Gegenteil. Sogar mit Westerwelle fand der vermeintliche Linksaußen Gemeinsamkeiten: Auch er sei gegen die von der Union geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer. Und als der grüne Außenminister sagte, er lehne eine flat tax à la Kirchhof kategorisch ab, assistierte Lafontaine kreuzbrav: „Hier teile ich die Auffassung von Joschka Fischer.“ Spannend wurde es erst bei der Vergangenheitsbewältigung der rot-grünen Ära. Jetzt endlich traten Fischer und Lafontaine so auf, wie man sich das erwarten durfte: Als voneinander schwer enttäuschte Exliebhaber. Sie standen sich ja einst sehr nahe. Gemeinsam hatten sie, Lafontaine als SPD-Chef, Fischer als Ober-Grüner, die rot-grüne Machtübernahme vorbereitet. Lange bevor Gerhard Schröder Kanzler wurde und eine Politik betrieb, die Lafontaine dann nur ein paar Monate lang mittragen wollte.

Die Vergangenheit brach durch, als es um die Frage ging, ob die vielen rot-grünen Steuersenkungen richtig oder falsch gewesen seien. Richtig, aber nun sei es auch genug, meinte Fischer. Richtig – aber nun müsste man die Steuern noch mehr senken, meinte Westerwelle. Ganz falsch – die Steuersenkungen waren völlig falsch und müssten rückgängig gemacht werden, meinte Lafontaine. Damit schien für Fischer der Beweis erbracht, dass es Lafontaine mit seinem Einsatz für die Linkspartei um nichts anderes gehe als um einen fiesen Rachefeldzug.

Er wolle nur mal daran erinnern, dass die erste Stufe der Spitzensteuersenkung schon 1998, also noch unter dem Finanzminister Lafontaine beschlossen worden sei, sagte Fischer. Das mag schon sein, entgegnete der Exfinanzminister, aber: „Das war ein Wunsch der Grünen.“ Die hätten schon damals an ihre Wählerklientel, also an Besserverdienende gedacht. Fischer hakte nach: So könne man das nicht stehen lassen. Natürlich sei Lafontaine damals auch dafür gewesen, die Spitzensteuer abzusenken. Nun wieder Lafontaine: Von wegen! Er biete Fischer eine Wette „um eine Kiste Champagner“ an. Er könne nachweisen, dass er nur auf Wunsch der Grünen zugestimmt habe. „Wenn schon, dann um Bier!“ rief Fischer. „Sie sind in einer Partei, in der man um Bier wettet.“

Die Wette würde Lafontaine wohl gewinnen. Die Grünen wollten die Steuern tatsächlich noch stärker senken als die SPD. Aber mit seinem Champagner-Vorschlag hatte er exakt das Image bestätigt, das seit Wochen über ihn verbreitet wird: Lafontaine, ein Luxuslinker – und Westerwelle nahm die Vorlage dankbar auf. Die beiden Herren sollten ihre „gestörte Zweierbeziehung“ anderswo klären.

Lafontaine reizte Fischer weiter. Eine große Koalition, tat er kund, sei immer noch besser als Schwarz-Gelb, weil es dann „weniger Sozialabbau“ gebe.