Mehr Eigentum, höhere Preise

IMMOBILIEN In Berlin steigt die Zahl der Verkäufe von Eigentumswohnungen stark an. Die Grünen fordern, gerade deshalb die Bedürfnisse von Mietern stärker zu berücksichtigen

■ Von einem Mietshaus spricht man, wenn es in seiner Gesamtheit einem oder mehreren Eigentümern gehört und die einzelnen Wohnungen vermietet werden. Eigentumswohnanlagen sehen genauso aus, aber hier hat jede Wohnung ihren Eigentümer – der gleichzeitig Miteigentümer des gesamten Gebäudes ist. Natürlich können auch Eigentumswohnungen wieder individuell vermietet werden – der Anteil derer, die in Berlin in ihrem Eigentum wohnen, liegt bei nur 15 Prozent. (taz)

VON SEBASTIAN PUSCHNER

Auf jeder einstigen Brache in der Nachbarschaft der ehemals besetzten Liebigstraße 14 eine Baustelle – und die dazugehörigen Werbeplakate zeigen, wohin es auf dem Berliner Immobilienmarkt geht: „Hier“, heißt es da, „entstehen Eigentumswohnungen.“ Die Plakate sind Indizien für eine stadtweite Entwicklung: „Eigentumswohnungen sind gefragt wie nie“, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht des Gutachterausschusses für Grundstückswerte. Demnach ist die Zahl der verkauften Eigentumswohnungen in der Stadt zwischen Januar und Juni 2012 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 25 Prozent auf rund 10.000 Verkäufe gestiegen.

Der Gutachterausschuss ist als neutrales Gremium dafür zuständig, Transparenz auf dem Grundstücksmarkt herzustellen; seine Berliner Geschäftsstelle ist bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung angesiedelt. Letztere hat nun die Immobilien-Kaufverträge des ersten Halbjahrs 2012 analysiert und Zahlen vorgelegt, die einen anhaltenden Trend bestätigen: „Berlin zeigt sich unverändert als äußerst attraktiver Immobilienstandort mit insgesamt guten Perspektiven sowohl für institutionelle als auch private Käufer“, so das Fazit des Berichts.

Gut finden diese Perspektiven nicht alle: „Die allermeisten Berliner sind nicht in der Lage, Wohnungen zu kaufen“, sagte die Sprecherin für soziale Stadt der Grünen, Katrin Schmidberger, der taz. Deshalb müsse der Senat seine Stadtentwicklungspolitik noch viel stärker auf MieterInnen konzentrieren. „Es ist ein ganz großer Fehler, auf die Einführung einer generellen Genehmigungspflicht für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu verzichten“, sagte Schmidberger.

Über die Umwandlung geben die Zahlen des Gutachterausschusses zwar keinen Aufschluss – die Mieterberatungsgesellschaft Asum hatte jedoch kürzlich eine Hochrechnung für Friedrichshain vorgelegt. Demnach wurde dort seit 1990 jede achte Wohnung in Eigentum umgewandelt.

„Die allermeisten Berliner können keine Wohnungen kaufen“

KATRIN SCHMIDBERGER

Auch Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) mochte die gestiegene Zahl der Verkäufe nicht bejubeln. „Das kann man nicht per se als gute oder schlechte Entwicklung bezeichnen“, sagte er auf taz-Anfrage. Auch Eigentumswohnungen könnten ein Quartier stabilisieren – „wenn es sich um selbstgenutztes Eigentum handelt, nicht um spekulatives“, sagte Müller. Zwar bleibe Berlin ein Bundesland, in dem nur rund 15 Prozent der Einwohner in einer Wohnung oder im Haus leben, das ihnen selbst gehört – anders etwa als in Rheinland-Pfalz, wo dieser Wert laut Müller über 40 Prozent liegt. Dennoch beeinflusse die Umwandlung von Mietwohnungen die allgemeine Situation. „Das Preisniveau steigt auf diesem Weg“, sagte Müller.

Auch das sei ein Grund für die Diskussion über die Milieuschutzsatzung. Sein Staatssekretär Ephraim Gothe spreche derzeit mit den Bezirken darüber, weil unter ihnen viele die Satzung „nicht als Instrument begreifen“, dieser Entwicklung zu begegnen. „Wir überlegen, ob das nicht auch ein Instrument für die Landesebene sein könnte“, sagte Müller.

Wie die Mieten steigen auch die Kaufpreise für Immobilien, zeigt die Analyse des Gutachterausschusses: 140.000 Euro kostet demnach eine durchschnittliche Eigentumswohnung in Berlin – 2011 waren es noch 135.000 Euro. Die teuersten Wohnungen wurden in Mitte verkauft: Bis zu 12.000 Euro pro Quadratmeter zahlten Käufer hier.