Lars Penning
Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
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In ihrem Drama „Detroit“ nimmt sich die amerikanische Regisseurin Kathryn Bigelow einer wahren Begebenheit an, die sich 1967 im Rahmen von Rassenunruhen in der Motor-City ereignete: Die Erstürmung des überwiegend von Schwarzen frequentierten Algiers-Motels durch die Polizei endete mit dem Tod von drei unbewaffneten schwarzen Männern und der stundenlangen Misshandlung von sieben weiteren schwarzen Männern und zwei weißen Frauen. Dazu gehen Bigelow und ihr Kameramann Barry Ackroyd per Handkamera ganz nah ran an die ungemütlichen Misshandlungen, mit denen die Polizisten die Identität eines vermeintlichen Scharfschützen aus den Gästen des Algiers herauspressen wollen. Doch Bigelow ist eine viel zu intelligente Regisseurin, um es beim Ekel über rassistische Brutalitäten zu belassen. Und so zeigt die eskalierende Situation im Motel ebenso die handgreifliche Angst von Menschen in Extremsituationen, die gefährlichen Dynamiken von Gruppenzwang und das bewusste Wegschauen derer, die es hätten besser wissen müssen (OmU, 26. 1., 28. 1., 30. 1., 22 Uhr, Tilsiter Lichtspiele, 29.–31. 1., 12.45 Uhr, B-Ware! Ladenkino).

Kinderfilm, Hommage an die Frühzeit des Kinos, tragikomisches Melodram: Martin Scorseses „Hugo Cabret“ (2011) knüpft an die Tatsache an, dass der französische Filmpionier Georges Méliès nach dem Ende seiner Karriere einen Spielzeugladen in einer Metrostation betrieb. Hauptfigur ist allerdings der 12-jährige Uhrmachersohn und Waisenjunge Hugo (Asa Butterfield), der Méliès (Ben Kingsley) auf einem Bahnhof kennenlernt, was alsbald dessen trickreiche Fantasyfilme mit einem Plot um die Mechanik von Bahnhofsuhren und dem Geheimnis von Hugos Vater verbindet (7.–28. 1., 15.30 Uhr, Klick).

Ein Klassiker des europäischen Autorenkinos ist Michelangelo Antonionis „L’avventura“ (1960), der zum Zeitpunkt seiner Entstehung das Publikum reichlich irritierte. Und zwar vor allem aufgrund des handlungsarmen Plots, in dem eine junge Frau bei einem Bootsausflug auf mysteriöse Weise verschwindet, ohne dass ihr Verbleib je aufgeklärt wird. Doch viel wichtiger ist hier die ergebnislose Suche, die den Verlobten der Verschwundenen schließlich mit ihrer Freundin Claudia (Monica Vitti) zusammenbringt. „L’avventura“ beschreibt eine existenzielle Unsicherheit angesichts von Veränderungen, die auch die Settings und Bildarrangements durchziehen: Altes wird abgerissen, Neues entsteht, verloren stehen die Protagonisten in den neuen städtischen Betonwüsten herum (26. 1., 18 Uhr, Filmmuseum Potsdam).