Coppola filmt Käse

Er liebt seine Harley, er liebt das Kochen. Und das Filmen liegt in der Familie. Also hat Christopher Coppola beim Oldenburger Filmfestival eine neue Episode seiner Motorrad-Kochstory gedreht

von Wilfried Hippen

Wie kommt ein Coppola ins Schinkenmuseum in Apen bei Bad Zwischenahn? Warum fährt ein Mitglied des Fürstenclans von Hollywood mit einer schweren Harley Davidson auf den Hof von niedersächsischen Biobauern? Weshalb steht der Bruder von Nicolas Cage und Neffe von Francis Ford in der Käserei von Margret Zimmermann und lässt sich dort die verschiedenen Reifegrade ihrer Goudas erklären? Diese wunderbare Begegnung begab sich gerade auf dem Filmfestival Oldenburg, wohin Festivalleiter Thorsten Neumann die Stars und Ikonen des Independent-Kino zu locken versteht.

Auch Christopher Coppola ist nicht zum ersten Mal da: Im vergangenen Jahr stellte er seine Horrorkomödie „The Creature of the Sunny Side Up Trailer Park“ bei dem kleinen Filmfestival vor. Diesmal sollte er ursprünglich nur mit anderen Filmemachern über Vor- und Nachteile des digitalen High-Definition-Formats diskutieren. Doch weil er sein eigenes in High-Definition gedrehtes Werk, die Kochserie „Biker Chef“ mitbringen wollte, entstand nicht nur die Idee, die 60-minütige Pilotsendung in einem örtlichen Feinschmeckerrestaurant zu zeigen. Um zu demonstrieren, wie billig und schnell mit dieser neuen Technologie gedreht und geschnitten werden kann, brachte Coppola auch seinen Kameramann John Britt mit nach Niedersachsen, und inszenierte mit ihm in nur 36 Stunden eine norddeutsche Folge der Fernsehserie.

Christopher Coppola, der sich selber gerne als den ‚Rebellen‘ seiner Familie bezeichnet, hat in „Biker Chef“ zwei seiner Leidenschaften vereinigt: Er liebt es, Motorrad zu fahren, und er liebt es, zu kochen. So knattert er mit seiner Maschine durch einen Landstrich, sammelt dessen Spezialitäten, Früchte und Gemüse, kommt dabei ins Gespräch mit den Bauern, Bäckern und Köchen der Gegend, lässt sich von ihnen zeigen und erklären, wie sie ihre Produkte machen, und zum Schluss der Sendung kocht er aus diesen gesammelten Zutaten ein möglichst spektakuläres Dinner. In der Pilotfolge fährt er durch New Mexico, trifft Hopi-Indianer, die traditionelles Brot backen, einen alten Koch, der unter freiem Himmel so kocht wie einst für die Cowboys auf ihren Viehtreiben und eine Biker-Gang, mit der er um die Wette Sake trinkt.

Begleitet wird er dabei von seinem schweigsamem, indianischen Soßenchef „Mr. Slippery“ und einer Katze, deren lakonische Kommentare in Comic-Blasen auftauchen. Nach Fakten, Rezepten und Weisheiten befragt Biker Chef ständig ein uraltes Kochbuch, mit dem er durch einen hochmodernen seltsamen Sender im Ohr verbunden ist. Dank der digitalen Technik lassen sich die Bilder beliebig und ohne viel Aufwand manipulieren. Coppola spielt übermütig mit diesen Möglichkeiten. So wird etwa sein Kopf jedes Mal, wenn er mit verzücktem Gesicht etwas in den Mund steckt und probiert, von psychedelischen Farbexplosionen umrahmt.

Beim Wechsel von New Mexico nach Niedersachsen bleiben diese Effekte, das Kochbuch mit dem Ohrteil und leider auch die sarkastische Katze im Sack. Doch gemäß dem Grundprinzip der Sendung fährt Coppola auch hier auf den Hof oder vor die Haustür seiner Gastgeber, die er vorher noch nie gesehen hat. Das hat dann schon einen leicht surrealen Touch, wenn der wuchtige Mann, auf dessen Lederjacke das Motto „Live long, ride hard, eat well“ prangt, auf die so norddeutsch wirkenden Biobauern des Hofs Grummersort trifft, die ihm höflich, etwas eingeschüchtert und in gebrochenem Englisch auf Fragen nach ihrem Käse, Brot und Gemüse antworten. Der „Guuda“-Käse macht ihn „gluuucklik“, im Treibhaus staunt Coppola darüber, dass die Deutschen ihre Paprika nicht scharf, sondern süß essen, und prompt holt er einige gefährlich aussehende mexikanische Schoten aus seinem Beutel.

Begeistert kann ihn dagegen später das Schinkenmuseum in Apen. Seit neun Generationen räuchert die Familie Meyer in diesem Hause Schinken. Unterm Dach kann man sehen, wie sie langsam im Rauch heranreifen. Museumsführer Arnd Müller hatte in schönstem Schulenglisch einen langen Vortrag über die Philosophie des Schinkenmachens vorbereitet, aber Coppola unterbricht ihn bald und bemerkt mit dem Blick fürs Wesentliche, dass sein Urgroßvater auf einem Bild an der Wand doch wie Richard Wagner aussehe.

Dieser Satz bildete dann auch den krönenden Abschluss des etwa 15-minütigen Films, der am Abend des nächsten Tages im Restaurant gezeigt wurde. Erstaunlich professionell, obwohl sich bei den Drehterminen zwei Kamerateams und etliche Journalisten drängten – wobei allerdings die Harley doch verführerischer zelebriert wird, als der Weichkäse.