Harald Keller Der Wochenendkrimi: Historisch nicht korrekt,aber mit handwerklicher Finesse
Der niederländische Unternehmer Alfred „Freddy“ Heineken wurde im November 1983 beim Verlassen seines Büros in Amsterdam entführt. Er war Erbe der gleichnamigen Brauerei, hatte zunächst deren Mehrheitsanteile in Familienbesitz zurückgeholt und sie dann zu einem Weltkonzern ausgebaut. Er war aber auch für seine musischen und wissenschaftlichen Interessen bekannt. Unter anderem produzierte er im Jahr 1963 Fons Rademakers’ „Als twee druppels water“ („Wie zwei Tropfen Wasser“). In dem surrealen Kriegsdrama ist er auch als Nebendarsteller zu sehen.
Naturgemäß hielt Heinekens Entführung die Niederlande in Atem. Die Vorgänge sind, unter anderem durch den umstrittenen Investigativ- und Sensationsjournalisten und Buchautor Peter R. de Vries, bestens dokumentiert.
Doch selbst in Kenntnis des Ausgangs bleibt die preisgekrönte Verfilmung der Vorgänge durchweg spannend. Regisseur Maarten Treurniet und sein Koautor Kees van Beijnum weichen aus juristischen wie dramaturgischen Gründen in Teilen von der Historie ab.
Es ist aber vor allem ein handwerklicher Kniff, mit dem sie die Aufmerksamkeit des Publikums fesseln: Sie erzählen überwiegend aus der Perspektive der Verbrecher und lassen entgegen der Konvention weitgehend im Dunkeln, wo die Polizei mit ihren Ermittlungen steht.
Klar wird allerdings, dass sowohl die Entführer als auch die Kriminalisten intelligent vorgehen und sich dabei ein Match auf Augenhöhe liefern. Durchaus bemerkenswert, denn manche Krimis kommen ja nur über die Runden, indem sie die Ermittler als Stoffel hinstellen.
Eine weitere Finesse: Nur die erste Hälfte des Films gehört der Entführung, die zweite widmet sich den Bemühungen der Behörden, die Täter hinter Gitter zu bringen. Die grenzüberschreitende Verfolgung war in Wahrheit noch turbulenter als gezeigt, weshalb dieser Part verdichtet werden musste.
Verraten darf man aber so viel, dass auch den treuesten TV-Krimiabonnenten solch ein Verlauf einer Verbrecherjagd noch nicht untergekommen sein dürfte.
Den Part des Freddy Heineken übernahm Rutger Hauer, der unangestrengt sein Charisma wirken lässt und mit einer Reihe gelungener makabrer Dialogzeilen bedacht wurde. Hauer ist Niederländer, hatte schon 1973 mit „Türkische Früchte“ Kultstatus erworben und später in Hollywood mit Rollen in „Blade Runner“ und „Hitcher, der Highwaykiller“ noch kräftig draufgesattelt.
„Die Heineken-Entführung“, Sa., 22.05 Uhr, Servus TV
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