meinungsstark
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„Sich einfach nicht mehr abfinden“

„#MeToo? Non merci!“, taz vom 11. 1. 18

#MeToo ist ein Paradigmenwechsel, vor allem der jüngeren Frauen: sich einfach nicht mehr damit abzufinden, was als „normal“ verhandelt wurde, nämlich dass Männer in Machtpositionen Frauen ohne Konsequenzen für sich selbst belästigen dürfen. Klar, dass eine Catherine Deneuve, die sich den Männerfantasien in ihren Filmen, vor allem „Belle de Jour“, so willig untergeordnet hat, den jüngeren Frauen in den Rücken fällt. Und mit ihr all diejenigen, die wegen Überdrusses jeder „nervigen“ Emanzipationsdebatte vor Prüderie warnen, die sie mit ihrer oft unerträglichen Laisser-faire-Haltung für viele Frauen in Abhängigkeiten mit erzeugt haben. Dass die jüngeren Frauen das nicht mehr hinnehmen wollen, müssen die Männer nun in allen Bereichen lernen zu akzeptieren. Gut so, vor allem für die Liebe! Halina Bendkowski, Berlin

„Soll er mich eben befummeln“

„Die: böse. Wir: gut“, taz vom 28. 12. 17

Es wird immerzu an einer Sache vorbeidiskutiert: dem ökonomischen Machtgefälle zwischen Mann und Frau sowie dem Umgang, der sich aus dieser Tatsache ergibt. Oft dürfte es sich bei sexuellen Übergriffen um eine Art unausgesprochenen Pakt handeln: „Okay, soll er mich eben befummeln, Hauptsache ich krieg den Job.“ Der Körper wird (bewusst oder unbewusst) als Kapital eingesetzt, um ans Ziel zu kommen. Fertig, aus. Bei einer Verhandlung „Ebenbürtiger“ würde es zu so einem Missbrauch niemals kommen – warum auch. Jetzt könnte man sich weiter fragen, wie sich überhaupt ein solches Machtgefälle zwischen den Geschlechtern zementieren konnte, aber solche grundsätzlichen Debatten sind dem Feuilleton vielleicht zu anstrengend. Cordula Eitel, Berlin

„Edles Fräulein, darf ich’s wagen?“

„#MeToo? Non merci!“, taz vom 11. 1. 18

Hier treffen zwei unterschiedliche Leit-/Leid-Bilder aufeinander: 1. Liebe, Begehren und Sexualität als Naturgewalt (vertreten durch Künstler und Psychoanalytiker auf der Deneuve-Seite, 2. Liebe und Sexualität als Prozess, bei dem Nähe und Intimität stets neu verhandelt werden (die #MeToo-Seite).

„Naturgewalt“. Mann trifft Frau. Kamera zoomt heran. Die Blicke verraten: Sie sind füreinander bestimmt. Schnitt. Je nach Neigung des Autors werden die beiden nach einigen Widerständen heiraten und glücklich werden (romantische Variante) oder, ohne ein Wort miteinander gewechselt zu haben, übereinander herfallen (pornografische Variante). Ist nur Film, aber Teil unserer kollektiven Unterbewusstseins.

„Prozess“: „Edles Fräulein, darf ich’s wagen, Sie anzusprechen, Sie zu begleiten …“ Auch wenn das etwas altmodisch klingt, passt es vermutlich eher in unsere rationale Zeit als das Modell „Naturgewalt“. Schritt für Schritt, immer mit der Möglichkeit, „bis hierher und nicht weiter“ zu sagen.

Problem 1: „Naturgewalt“ ist für viele das letzte Gegenmodell zu einer durchrationalisierten Welt. Deshalb der Aufschrei von Frau Deneuve. Problem 2: Nicht alle wollen oder können sich an den „Prozess“ halten: Manche warten nicht auf das Einverständnis des anderen. Oft wird mit Bestechung gearbeitet: Intimität gegen Geld, gegen sozialen Status. Es könnte auch mangelndes Ausdrucksvermögen sein, Missverständnisse, Schüchternheit. Bei den ersten beiden Punkten beschwert sich #MeToo zu recht. Bei den anderen Punkten kann die #MeToo-Debatte die Schwierigkeiten vergrößern.Thomas Damrau, Böblingen