kurzkritik
: Fazil Say auf dem Musikfest

„Rhapsody in blue“: Lässig und äußerst souverän tobt der türkische Pianist Fazil Say über die Klaviatur, vermittelt swingend gute Laune. Und entsteift die klassische Klassik-Vorstellung einer delikat-verfeinerten Tastenkunst.

Denn sein Spiel geht vom Rhythmus aus, paart die Lust an kontrapunktischen Verläufen mit spielwitziger Grenzgängerei. Ob Say ein anatolisches Volkslied oder Paganini anstimmt, immer kommt er jazzig federnd schnell auf Touren, giert nach improvisatorischem Austausch. Und doch darf ihn der Perkussionist Burhan Öcal nicht herausfordern, nur begleiten und Says Vorgaben beantworten. Mit selbstverständlicher Leichtigkeit entlockt Öcal einer Metallkelchtrommel mit Fingerkuppen, nägeln, knöcheln und der flachen Hand so viele Klänge und metrische Überlagerungen, dass man ein ganzes Perkussionistenensemble auf der Bühne vermutet. Zum Finale kündigt Say die Fünfeinhalb-Oktaven-„Wunderstimme“ Cem Adrian an. Er jagt runter in den Bass, hoch in den Sopran und wieder zurück. Er imitiert ein Armstrong/Fitzgerald-Duett: Aber immer kraftlos, witzlos, körperlos, ohne rechtes Volumen. Adrian ist kein Dialogpartner, eher ein Say-Anhängsel. Jens Fischer