Beate Schederschaut sich in Berlins Galerien um:
Wärme kann man zu dieser Jahreszeit gut gebrauchen. Das weiß offensichtlich auch Anna Virnich, die ihre erste Einzelausstellung bei Arratia Beer eben so genannt hat. Darin zeigt die Künstlerin malerische Wandarbeiten, für deren Herstellung sie jedoch weder Farbe noch Pinsel gebraucht hat. Sie sind aus Textilien unterschiedlicher Art zusammengesetzt, aber nicht hübsch und fein. Virnich hat vielmehr zerschlissene, wettergegerbte, faltige, eingeölte Stoffstücke aus Tüll, Seide, Polyester, Nesseltuch oder Satin in geometrischen Formen auf Holz gezogen und lässt ihr zartes Material auf diese Weise fast schon hart erscheinen. Brutaler noch setzt sich dies in der Serie „Leather“ fort, für die Virnich Kalbsleder fast bis zum Zerreißen über Keilrahmen spannte. Wohlige Wärme vermittelt dieser Anblick eher nicht und der Geruch der unbehandelten Tierhaut tut sein Übriges (bis 27. 1., Di.–Sa. 12–18 Uhr, Potsdamer Str. 87).
Wörtlicher zu nehmen ist hingegen der Titel „Worte und Farben“ der Ausstellung Jarosław Kozłowskis bei Żak Branicka. Kozłowskis gilt als zentraler Protagonist der Fluxus-Bewegung in Polen, sowohl als Konzeptkünstler wie als Netzwerker. In der Galerie in der Lindenstraße ist nun eine kleine Werkschau zu sehen, die gerade durch ihren engen Fokus auf Farbe und beschreibende Worte überaus erhellend ist. Herrlich die Reihe an Papiertüten, gefüllt mit eingefärbten Zeitungen, die Kozłowski quer durch den Raum aufgestellt hat („News Games“, 2014), oder seine „Ästhetikübung“, 1976: 59 Farbmuster, jeweils als „weder schön noch hässlich“ beurteilt – so wie Duchamps einst seine Readymades, nach dem Kriterium der Indifferenz, auswählte (bis 10. 2., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Lindenstr. 35).
Beide Ausstellungen laufen schon seit Dezember, ein erstes Highlight des noch etwas verschlafenen Jahres 2018 steht ab Mittwoch an. Dann zeigen die KW Ericka Beckmans „Super 8 Trilogy“ (1978–81). Die Filmemacherin, deren grellbunte DIY-Ästhetik bei Zeitgenossen noch eher auf Unverständnis stieß, wird seit ein paar Jahren von einer jüngeren Generation von Kurator*innen und Künstler*innen wiederentdeckt. Mit ihren cartoonhaften filmischen Allegorien, die soziokulturelle und politische Fragen wie Sexismus oder Kapitalismus aufs Korn nehmen, war Beckman wohl ihrer Zeit voraus. Absolut sehenswert sind die drei Super-8-Filme, die auf Jean Piagets Spieltheorie aufbauen. Nur vier Tage sind sie zu sehen, zum Abschluss spricht die Künstlerin mit Kuratorin Anna Grietz, am 21. 1. um 17 Uhr (Eröffnung 17. 1., 19 Uhr; bis 21. 1., tgl. 11–19 Uhr, Do. 11–21 Uhr, Auguststr. 69).
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