Koizumi auf der Siegerstraße

Prognosen zufolge gewinnen die Liberaldemokraten von Japans Premier klar die Parlamentswahlen und können allein regieren. Wiedervorlage der Postprivatisierung

TOKIO taz ■ Japans Premierminister Junichiro Koizumi hat bei den Unterhauswahlen vom Sonntag laut Prognosen einen deutlichen Sieg erzielt. Wie der öffentlich-rechtliche Fernsehsender NHK unter Berufung auf Nachwahlbefragungen berichtete, werden den regierenden Liberaldemokraten (LDP) rund 300 Sitze von insgesamt 480 Sitzen vorausgesagt. Damit wäre die LDP (bisher 249) künftig nicht mehr auf seinen Koalitionspartner, die Neue Komeito-Partei, angewiesen. Der Anteil der Neuen Komeito-Partei veränderte sich offenbar kaum (bisher 34 Sitze).

Die größte Oppositionskraft, die Demokratischen Partei (DPJ), hat gemäß den Prognosen nurmehr zwischen 84 und 127 Sitzen (bisher 177) erreicht. Endgültige Resultate werden erst für heute erwartet. Die Wahlbeteiligung unter den 103 Millionen stimmberechtigten Japanern lag nach ersten Angaben über 60 Prozent. Koizumi äußerte bei der Stimmabgabe die Hoffnung, dass dies seiner Partei nutzen werde. Der 63-jährige Regierungschef hatte im August Neuwahlen ausgerufen, nachdem er mit seinem zentralen Reformprojekt, der Privatisierung der Post, gescheitert war. Im Wahlkampf erklärte er den Urnengang zu einem Referendum über seine Reformpolitik.

Gegner der Postprivatisierung in den eignen Reihen drängte Koizumi aus der Partei. Die meisten traten am Sonntag als Unabhängige oder für neu gegründete Splitterparteien an. Ob die Abtrünnigen erneut gewählt wurden, stand am Sonntagabend noch nicht fest. LDP-Chef Koizumi hatte prominente Gegenkandidaten in die Wahlkreise der LDP-Rebellen entsandt, um deren Wiederwahl zu erschweren.

Die Querelen in der LDP dominierten den Wahlkampf und gaben dem charismatischen Koizumi die Möglichkeit, sich als mutiger Reformer zu verkaufen. Sein farbloser Herausforderer, Katsuya Okada, ging in den japanischen Medien unter. Ebenso die Themen, bei denen sich die Demokraten klar von der LDP abgrenzen: Okada versprach, die japanischen Soldaten aus dem Irak zurückzuholen und als Premierminister auf den Besuch des umstrittenen Yasukuni-Schreins zu verzichten.

Im Wahlkampf hatte Oppositionspolitiker Okada angekündigt, er werde als Parteichef zurücktreten, sollte es ihm nicht gelingen, einen Regierungswechsel herbeizuführen. Der seit viereinhalb Jahren amtierende Koizumi will die Postprivatisierung nun erneut den beiden Parlamentskammern vorlegen. Die japanische Post verwaltet als weltweit größtes Finanzinstitut Ersparnisse und Lebensversicherungen im Wert von 2,64 Billionen Euro. Koizumis Plan sieht eine schrittweise Privatisierung bis 2017 vor. MARCO KAUFFMAN