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Beate Schederschaut sich in Berlins Galerien um

Ruinen – nicht gerade das erbaulichste Thema zum Jahresbeginn. Als Gordon Matta-Clark jedoch in den 1970er Jahren Abrissgebäude zersägte, war das ein Akt der Befreiung. Matta-Clarks spektakuläre Eingriffe in den Stadtraum eröffneten wortwörtlich Möglichkeitsräume und neue Perspektiven. An ihm kommt man freilich nicht vorbei, wenn man sich wie die Kurator*innen Julia Höner und Ludwig Seyfarth im KINDL mit „Ruinen der Gegenwart“ beschäftigt. Höner und Seyfarth zeigen Matta-Clark neben hauptsächlich jüngeren Arbeiten, die noch direkter von Konflikten, von Zerstörung und Leid erzählen: Ryuji Miyamotos Fotografien zeugen von der Verwüstung Kobes nach dem Erdbeben von 1995; Dorothee Albrecht führt Bilder von Ruinen aus dem Zweiten Weltkrieg mit solchen aus dem heutigen Syrien zusammen; Morehshin Allahyaris rekonstruiert per 3D-Druckverfahren Kulturgüter, die vom sogenannten Islamischen Staat zerstört wurden (bis 11. 2., Mi.–So. 12–18 Uhr, Am Sudhaus 2).

Die Technik Allahyaris’ entspricht der Oliver Larics, nur dass es Letzterem um etwas anderes geht, um das Kunstwerk im Zeitalter seiner digitalen Reproduzierbarkeit nämlich. „Panoramafreiheit“, Larics Soloausstellung im Schinkel Pavillon, versammelt drei Kopien weltberühmter Skulpturen, im Zentrum ein Abbild Beethovens nach Max Klinger. Anders als sonst handelt es sich bei diesem jedoch nicht um einen 3-D-Scan, sondern um ein nach Fotografien erstelltes 3-D-Modell. Das Museum der Bildenden Künste Leipzig, das das Original besitzt, hatte Laric die Erfassung verweigert, also arbeitete er mit 300 halblegal erhaltenen Abbildungen. Die Daten zu einigen seiner 3-D-Skulpturen stellt Laric indes unter threedscans.com rechtefrei zur Verfügung – und fügt so den Fragen nach Autorschaft und Originalität seine ganz eigene Antwort hinzu (bis 28. 1., Do.–So. 12–18 Uhr, Oberwallstr. 1).

Dass Larics Skulpturen gewiss auch in ihrer Materialität bemerkenswert sind, sei hier zumindest noch kurz angefügt. Selbiges gilt auch für jene der Skultpurenserie Naufus Ramirez-Figue­roas, die derzeit in der daadgalerie zu sehen ist. Gefertigt ist „The Green Ray“ aus Styropor, was ihren kulissenhaften Eindruck noch verstärkt und wiederum den Bogen zu Ramirez-Figueroas’ performativer Praxis spannt. In organischen Formen thematisiert „The Green Ray“ Pflanzen und Früchte wie Bananen, Kakaobohnen oder Vanilleschoten und gleichsam deren Bedeutung in der Kolonial- und Wirtschaftsgeschichte Südamerikas (bis 14. 1., Di.–So. 12–19 Uhr, Oranienstr. 161).

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