wortwechsel
: „Ihr bringt viele Themen auf den Punkt“

Bei den Kontroversen sei „darauf zu sehen, wer das Punctum saliens getroffen“, soll Johann Wolfgang von Goethe gesagt haben. Des Pudels Kern treffen auch taz-Leserinnen meistens

Spuren von Papierzeitungslesern finden sich überall Foto: Rosemarie Nünning

Jung und Zeitungsleser

Liebe taz, ich wurde gerade wieder einmal von einer älteren Dame schief angeschaut.

Ich, 18 Jahre alt, sitze in der S-Bahn Richtung Schule und werde von den Blicken der gegenüber Sitzenden durchbohrt. Meine schwarzen Sneaker, die durchlöcherte Hose und ein auffälliger Pulli sind für die Dame vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig. Aber das ist nicht der Grund, warum sie so starrt. Denn erst als ich die taz aus meinem Rucksack packe, bemerkt sie mich.

Es ist nicht das erste Mal in der Bahn. Einmal sprach mich ein Mann an, warum ich als Jugendlicher denn noch Zeitung läse. Es war kein Vorwurf, er war eher entzückt von mir, dem zeitungslesenden Jugendlichen. Doch ich lese nicht irgendeine Zeitung, ich habe viel ausprobiert. (Unser Postbote könnte davon ein Liedchen singen.) Bei der taz bin ich letztendlich gelandet und habe dies bis jetzt nicht bereut. Ihr beweist mir jeden Tag aufs Neue, wie interessant und spannend die Welt sein kann, im negativen und positiven Sinne. Ihr bringt viele Themen auf den Punkt, die freche, frische und moderne Schreibweise bewundere ich.

Vor allem den Teil taz.zwei lese ich jeden Tag, die Kolumnen sind für mich unverzichtbar, wie die Timeline von Instagram durchzuscrollen. Andere Tageszeitungen werden schnell langweilig, wenn man sie regelmäßig liest. Es ist immer dieselbe Suppe: aussagelose Kommentare, Standardtexte der dpa und Polizeireport auf jeder zweiten Seite.

Ihr habt verstanden, worauf es heutzutage bei einer Zeitung ankommt. Bei einem Vorstellungsgespräch in einer Lokalzeitung wurde ich gefragt, ob ich glaube, dass ich ein Exot unter Jugendlichen sei. Ich denke, ja – die breite Masse wird keine Zeitung in Zukunft lesen. Doch ich schon. Sollen die Leute in der Bahn dumm schauen. Tomas Cabanis, Esslingen

Ein Gruß

Liebe taz, wir wünschen einen glücklichen Start in das neue Jahr 2018 sowie eine große Portion ZuFRIEDENheit! Mit „Abo-“ und „Genossenschafts-­Grüßen“, Martina & Dirk A. Müller, Lüneburg

Böll ist superaktuell

„Keiner von den Lauen“, taz vom 20. 12. 17

Heinrich Böll ist superaktuell, sogar in der Sexismusdebatte. Die Filmszene, als „Katharina Blum“ den Sensationsjournalisten, der sie sexuell beleidigt hat, unmittelbar erschießt, trifft den Sexismus ins Mark!

Mein Gefühl ist sowieso, dass trotz oder wegen der traditionellen Rollenverteilung in früheren Generationen Männer mit Frauen besser umgegangen sind als heute!

Dass sie Frauenarbeit mehr schätzten, statt dass heute das fitte Mittelstandspaar eine rückenkranke Putzfrau bezahlt und ins Fitnessstudio geht! Diese ganze Ja-Nein-Debatte trifft nämlich nicht den Kern des Sexismusproblems, genauso wenig übrigens wie die Kopftuchdebatte den des Islamismus, entscheidend ist vielmehr, wer das Klo putzt! Wer im Alltag von wem zum Sklaven gemacht wird, wozu auch gehört, sich Drittsklaven zu halten wie eben die vielen „Dienstleister“ und der ganze Billigkonsum. Das Gegenteil einer Leitkultur ist das!

Annette Weber, Heusenstamm

Wie verlogen

„Fahnen hoch und Hosen runter“, taz vom 16. 12. 17

Wie verlogen bei dem Thema Schwangerschaftsabbruch argumentiert wird, macht taz-Autorin Anja Maier deutlich. Sachlich informieren wird kriminalisiert. Dass nackte Frauen für Bohrmaschinen werben, ist aber noch nicht einmal anstößig. Und überhaupt: das ungeborene Leben schützen? Kaum eine Frau trifft leichtfertig eine Entscheidung zur Abtreibung. Wenn das in der DDR der Fall war, dann hätte es der gesellschaftlichen Debatte bedurft.

Auch würde es unserer Gesellschaft gut zu Gesicht stehen, wenn das geborene Leben geschützt würde. Jedoch ist es möglich, dass ein Kind „in diesem unserem Lande“ nur zwei Jahre die Schule besucht, aber zwischen dem 6. und 12. Lebensjahr als Haushalts- und Sexsklavin gehalten werden kann. Ist sie dann erwachsen, geplagt von einer komplexen Traumatisierung, entscheidet sich nun, ihren Misshandler anzuzeigen, dann wird sie durch polizeiliche Vernehmung und eine „wissenschaftliche“ Aussagebegutachtung neuerdings traumatisiert. Leider hatte das Kind keine Zeugen zu ihrer Misshandlung eingeladen. Wie aber hier mit Opfern umgegangen wird, bleibt ein Skandal.

Bernd Kuck, Bonn

Frau und Mann

„Grünes Flügelschlagen“, taz vom 16./17. 12. 17

Ich bin schon sehr erstaunt und musste zig, zig, zig Jahre alt werden, um zu erleben, dass wohl Junge bei euch nicht wissen, warum die Grünen eine Doppelspitze ursprünglich etabliert haben. Dass nämlich bei Wahlen an erster Stelle eine geschlechtsparitätische Führung gesichert wird. So war das ursprünglich gedacht für Frau und Mann. Und nicht für Realos und Linke. Das hat sich im Laufe der Zeit vielleicht so ergeben, aber Frau und Mann ist bis heute geblieben. Bis … bis jetzt der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann uns nach 38 Jahren die Augen öffnet mit der Auflösung der Doppelspitze: Er will die Frauen weghaben (laut Kontext vom 16. Dezember: „Testosteron und Sonnenblumen“). Schade, dass das im Text der taz von Ulrich Schulte nicht thematisiert worden ist.

Helga Killinger, Gauting

Ein Name fehlt

„Ein Riss. Scheinbar geschlossen“, taz vom 20. 12. 17

Bei allen Artikeln über den Anschlag am Breitscheidplatz, auch in der Liste der Namen der Opfer vermisse ich den Namen des Mannes, der den Lastwagen fuhr und bei dem Versuch, diesen nicht dem Attentäter zu überlassen, ums Leben kam. Er war nicht nur Opfer! Er hat gekämpft!

Renate Fischer, Kleinmachnow