Torben Becker sichtet die sozialen Bewegungen der Stadt:
Man kennt es: Kurz vor den Feiertagen beginnt für viele gezwungenermaßen der besinnliche Jahresabend. Bevor das aber passiert, wird abseits vom weihnachtlichen Spekulatius-Wohlgefühl auf unterschiedliche Weise über Formen von Unabhängigkeit diskutiert.
Den Auftakt bieten am Donnerstag gleich zwei Veranstaltungen: Anfang 2018 plant Google die Eröffnung des sogenannten „Google Startup Campus“ in Kreuzberg. Im Umspannwerk soll auf 3000 Quadratmetern ein Vernetzungsort für Jung-Unternehmer*innen, Start-Ups und Kreative entstehen. Aus Perspektive des unternehmerischen Selbst hört sich das erstmal attraktiv an. Seit Bekanntwerden der Großkonzern-Pläne formiert sich aber Kritik insbesondere aus der Nachbarschaft. Die Anwohner*innen befürchten eine weitere Kommerzialisierung und Aufwertung, wodurch es zu steigenden Mieten und Verdrängung kommt. Wohnraum darf nicht zur Kulisse verkommen. Deswegen trifft man sich heute unter dem Motto „Google Campus verhindern!“ im New York im Bethanien, um kreative Widerstandsformen auszuarbeiten. (21. 12., 19 Uhr, Mariannenplatz 2a)
Zeitgleich wird im K9 über Unabhängigkeit in einem größeren Maßstab nachgedacht: Wie kann ein antikapitalistisches und solidarisches Europa von unten funktionieren? Um diese Frage vielseitig diskutieren zu können, kommt regelmäßig eine Gruppe von Menschen aus unterschiedlichen Regionen Europas zusammen. Initiationsmoment für diese Gruppentreffen war der Unabhängigkeitsaufbruch in Katalonien. Unabhängigkeitstendenzen haftet aber stets die Ambivalenz von Autonomie und nationalem Rückzug an. Wie sehen hier solidarische Alternativen aus? Das und mehr wird heute Abend erörtert und insbesondere ein Auge auf die Neuwahlen in Katalonien geworfen. Dafür werden aktuelle Entwicklungen und Wahlergebnisse besprochen und eine Live-Schaltung mit Berichten aus Barcelona und anderen Orten in Katalonien eingerichtet (21. 12., 18.30 Uhr, Kinzigstraße 9).
Vor den ersehnten Feiertagen wird am Samstag der eigene Konsumzwang kritisch befragt: Was bedeutet unser Konsum und wie unabhängig sind wir davon? Unter dem Motto „KAmpf DEm WEihnachtskonsumterror!“ findet der alljährliche Protest zur Dekonstruktion des kapitalistischen Weihnachtsfestes statt, um mittels einer Demonstration die steigende Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes zu kritisieren (23. 12., 14 Uhr, U-Bhf. Kurfürstendamm/Joachimsthaler Platz).
In diesem Sinne: schöne nachdenkliche Feiertage!
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