Kulinarisches Tagebuch: Freitag in Liebe
In der Nacht hatte ich von einer anhänglichen Katze geträumt. Sie lehnte sich gegen mein Becken, schaute mir ins Gesicht und sprach meinen Namen aus: „René?“ Ich war sehr erstaunt. „Das zeugt von hoher Intelligenz, dass du meinen Namen sprechen kannst“, sagte ich. „Was ist das, Intelligenz?“, fragte die Katze. Ich ging hinunter und saß in der Küche meiner Großmutter, deren Pudel mir auf den Schoß sprang. Ein angenehmes Gefühl. Trotzdem überlegte ich, ob die Katze nicht eifersüchtig sein könnte, und wollte den Pudel vorsorglich runterschubsen. Dann wachte ich auf und dachte lange über eine Antwort auf die Frage der Katze nach.
In der Mittagspause saß ich wie gewöhnlich im zugigen Rauchercafé. Dabei rauche ich noch immer nicht. Ich spürte die Nachwirkungen der drei Biere im Ä gestern. Ich fror leicht. Man sollte keine Nichtraucherinnen als Bedienungen in einem zugigen Rauchercafé anstellen. Ständig stand die Tür auf. Luft, Luft, hieß es dann meistens als Begründung. „Wenn ich frieren will, gehe ich nach draußen“, lautete das Gegenargument. Die Bedienung verstand den Satz als Aufforderung, stellte sich auf den Gehsteig und schüttelte einen Becher mit Vogelfutter. Die Spatzen kamen aber nicht. „Schau mal, ob die Spatzen noch kommen, vielleicht kommen sie erst so gegen drei“, sagte sie, als sie wieder reinkam.
Am Abend hatte ich mich für politisch korrektes Schnellessen entschieden. „Wir verwenden Rapsöl“, stand auf einem Schild auf dem Tresen, als ob damit irgendwas gesagt wäre. Wir setzten uns ans Fenster, um Leute und Tiere zu beobachten, und diskutierten über den Zusammenhang zwischen Gesundheit und Propaganda. „Man kann sich nicht gesundessen“, sagte meine Begleitung und hielt mir ihren Burger hin. Fleisch von hoffentlich katholischen Rindern. Ich hatte meinen bereits vertilgt. Er schmeckte gut. RENÉ HAMANN
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