Systematische Selbstzensur

Symposium Arabische Journalisten beleuchten die Pressefreiheit in ihrer Region – und kommen zu keinem guten Ergebnis

AUS DOHA KARIM EL-GAWHARY

„Unfreie Gesellschaften produzieren eine unfreie Presse“ – damit brachte es Jaber al-Harami, Chefredakteur der katarischen Tageszeitung Al Sharq, auf den Punkt. Er war Teilnehmer eines zweitägigen Symposiums über die Arbeitsbedingungen arabischer Journalisten und die Meinungsfreiheit in der arabischen Welt, das Ende Oktober im Golfemirat Katar stattfand und vom Fernsehsender al-Dschasira und der Unesco veranstaltet wurde.

Weniger Zensur und mehr Pressefreiheit waren die Forderungen der Beteiligten. „Wenn wir die arabischen Verfassungen ansehen, dann finden wir wunderbare Sätze über die Rede- und Meinungsfreiheit – die aber nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben“, meint Nidal Mansur vom Arabischen Zentrum zur Verteidigung von Journalisten und klagt an: „Jedes Jahr werden hunderte Kollegen ermordet, verletzt und verhaftet.“ Kritische Journalisten würden als unpatriotisch diskreditiert, sagt Fauzi Buschra von al-Dschasira. Nur Rechtsstaatlichkeit könne dagegen Schutz bieten.

Für Ahmad al-Scheich, den Nachrichtenchef von al-Dschasira, geht das Problem über die staatliche Repression hinaus. Er macht auch die arabische Öffentlichkeit verantwortlich. „Wir haben einfach vergessen, über die uns vorenthaltenen Rechte wütend zu werden. Wir verteidigen unser Stimme nicht leidenschaftlich genug“, meint er. Und fügt, in typisch arabischer Manier der Selbstzensur, hinzu: „Ich sage nicht, dass wir uns gegen unsere Regierung auflehnen sollten. Aber wir sollten lernen, unseren Groll zu zeigen.“ Der sudanesische Journalist Hassan al-Adschmi betont zudem, dass die Redefreiheit kein westliches Importprodukt sei, sondern das man dafür auch Beispiele in der eigenen Geschichte finde – schon über den Kalif Umar Ibn Khattab, zweiter Nachfolger Mohammeds, gäbe es entsprechende Anekdoten.

In der vor zwei Wochen von „Reporter ohne Grenzen“ veröffentlichten Liste über den Zustand der Pressefreiheit finden sich zahlreiche arabische Staaten weit hinten. Von den 175 Ländern rangiert der Jemen auf Platz 167 – vor allem, weil die Regierung den Journalisten immer wieder den Zugang zu Kampfgebieten verwehrt, etwa zu den im Norden des Landes gegen die Zentralregierung operierenden schiitischen Huthis. Syrien steht auf Rang 165 und Libyen ist zwar auf Platz 156 gestiegen, hier wurde in diesem Jahr allerdings ein unabhängiges Medienunternehmen verstaatlicht und ein weiteres ganz geschlossen.

Im Irak (Platz 145) leiden Journalisten zwar weniger unter den Milizen, dafür aber zunehmend unter den amtlichen Stellen. Wer die grassierende Korruption anklagt, wird Opfer von staatlichen Verleumdungskampagnen. Und in den Golfstaaten befänden sich die meisten Medien im Besitz der regierenden Familien, Selbstzensur habe dort System.

Immerhin einen Lichtblick machte die Journalistenrunde in Katar aus: Durch das Internet und andere Technologien ergeben sich neue Möglichkeiten, wie man die arabischen Zensurbehörden doch umgehen kann.