Nils Schuhmacher
Hamburger Soundtrack
: Auf dem Friedhof alter Anliegen

Man muss es mal so sehen: Nicht alle Wünsche können in Erfüllung gehen. Die meisten landen schnurstracks auf dem „Friedhof alter Anliegen“, wie der in diesem Jahr verstorbene Soziologe Zygmunt Bauman einmal den Ort nannte, an dem unsere Hoffnungen eingemottet werden. Nichts anderes habe ich Ihnen bereits Ende letzten Jahres in Aussicht gestellt. Mit Ausnahme des Scooter-Konzerts konnten alle der im Dezember 2016 aufgeführten zehn Weihnachtswünsche nämlich gar nicht oder nur „in etwa“ realisiert werden.

Der Inhalt des neuen Buchs von Jochen Distelmeyer ist noch geheim, die Beginner traten nicht mit Truck Stop auf, sondern im Rahmen der Proteste gegen den G20-Gipfel, Thees Uhlmann und Johannes Oerding haben weitergemacht, Tomte aber nicht, der Musikpreis „Hans“ wurde wieder vergeben, aber an irgendwen. Und so weiter. Sie sehen also: Wir haben getan, was möglich war, aber es hat, wie ja auch bei Ihnen, mal wieder nicht gereicht.

Aus diesem Grund ist man jetzt, während man aus diesem wahnsinnigen Jahr hinausgleitet, dazu aufgerufen, ganz kleine Brötchen zu backen und sich nur das herbeizuwünschen, was eh schon oder noch da ist: Miniaturbands, Kleinsterfolge und Mindeststandards, mit denen man sich selbst beschenken kann.

Aus der ersten Abteilung: Burnt Friedman, ein im Bereich der Experimentalmusik angesiedeltes Einpersonenstück, das sich mit Instrumenten in Big-Band-Größenordnung ausstattet und sich irgendwo zwischen Sitzenbleiben und Tanzbarkeit um Dub und Jazz herum organisiert (10. 12., Pudel).

Aus der zweiten Abteilung: Zu den ganz großen Bekannten gehörten die 2002 gegründeten Klez.e nie. Die Berliner haben 2017 nach acht Jahren Abwesenheit mal wieder auf sich aufmerksam gemacht mit einer Platte, die ziemlich genau so klingt, wie The Cure im Ende ihrer ersten, von größter Düsterkeit geprägten Phase. So einen Ritt entlang des Pathosgrabens muss man natürlich auch erst mal hinbekommen, ohne reinzufallen (14. 12., Hafenklang).

Und die dritte Abteilung: Das anstehende Fest dazu nutzen, mit den Lieben in besinnlicher Atmosphäre die politische und polizeiliche Aufarbeitung der G20-Ereignisse besprechen. Oder beim Soli-Konzert für G20-Prozesskosten Eintritt zahlen und Alte Sau anhören. Der Name trügt übrigens: Hier fegt Punk aus der Dackelblut/Oma-Hans-Linie ohne Gitarre die Scherben des Jahres zusammen (16. 12., Rote Flora).