wortwechsel
: Reden über Sexualität und Sexismus

Was der linksradikale Tadzio Müller nicht über die Schwulenbewegung weiß und was eine Leserin von dem Blick von Frauen auf Frauen hält. Plus: Wie ist das noch mit Israel?

Stillleben aus Haar. Darf es mit oder auch ohne sein? Foto: Hanka Steidle/plainpicture

Definition von Sexismus

„Ich mag es, wenn sie rasiert sind“, taz vom 2./3. 12 17

Ich habe mir beim Lesen der Überschrift zweierlei überlegt: Wenn diese Überschrift einen Zeitungsartikel über zwei männliche Autoren einleiten würde, wäre es Sexismus. Und mich interessiert es nicht, ob jemand auf rasierte Körperteile steht. Weder bei Frauen noch bei Männern.

Dann entschied ich mich, den Artikel zu lesen, in dem eigentlich nichts steht. Außer: Wie reiße ich Frauen auf? Wie ist der Sex mit Männern? Welche Frauen die Autorinnen „heiß“ finden. Und jetzt haltet euch fest: dass eine der Autorinnen eher nicht auf große Hintern stehe und die taz-Journalistin Frauen mit großen Brüsten sogar weniger zutraut! Häh? Hier wird aufgrund von primären Geschlechtsmerkmalen auf Intelligenzfaktoren geschlossen. Wie war noch mal die Definition von Sexismus? Da reden wir dauernd davon, den Körper anzunehmen wie er ist, vor allem, wenn wir magersüchtige Mädchen vor uns stehen haben. Und dann überholen uns drei Frauen von …, ja, von wo denn eigentlich? Darauf verzichte ich gerne. Andrea Wagner, Freiburg

Vielfältige Freude

„Die Qual der Erneuerung“, taz vom 30. 11. 17

Dass die Grünen trotz fast durchweg günstiger Umstände als Kleinstfraktion bundestagen, schreit nach personeller Erneuerung. Bei allem Respekt vor dem Verhandlungsrudel, jetzt muss und kann Grün sich ehrlich aufmachen. Wenn Bundestagsfraktion wenig Erneuerungs-Inkarnationen zu bieten scheint, kann die Parteispitzenwahl Zeichen setzen. Robert Habeck und Sven Giegold strahlen Lebendigkeit durch Lebenserfahrung jenseits des Grünen Klosters aus. Meine Grünen-Lieblingssprecherin hieße Ulrike Herrmann, auch wenn sie der taz deutlich fehlen würde. Giegold-Habeck wäre eine Wahl auf höchstem Niveau. Viele könnten begeistert werden, wenn sich Ulrike Herrmann und vielleicht noch eine lebenserfahrene Frau (Jutta Allmendinger, Juli Zeh-trotz SPD) sich zur erwählbaren Rettung der Grünen Hoffnungen stellten.

Der fleißige Parteiarbeiter Michael Kellner könnte anderswo unfairkrampfter. Und ein Rolling-Home ins U-5-Prozent-Saarland böte auch angemessene Aufgaben für Simone Peter. Erneuerung könnte vielfältige Freude ausstrahlen! Hermann Strahl, Unna

Brumliks Welt

„Gott und die Welt: Vom Antisemitismus zur nuklearen Katastrophe“, taz vom 30. 11. 17

Der Titel verspricht Fundamentales, im Text ist dann nichts von Gott und weiter nur von Brumliks Welt zu lesen. Die vom Autor angesprochene große Verantwortung, die Deutschland für die politische Entwicklung im Nahen und Mittleren Osten hat, ist unbestritten. Deutschland hat seine Verantwortung beispielsweise gezeigt durch die bedeutende Mitarbeit an dem von Brumlik so genannten „Atomdeal“, dem Atomabkommen, an das sich der Iran offenbar hält, auch wenn das Israel und die USA nicht so recht wahrhaben wollen.

Was Brumlik nicht kritisiert, ist die Mithilfe Deutschlands bei der Aufrüstung der Atommacht Israel. Es ist bekannt, dass Israel die „Auslöschung“ Palästinas nicht androht, sondern praktiziert. Durch jahrzehntelangen Landraub, Schikanierung der palästinensischen Bevölkerung, Besatzung, Diebstahl von Wasserressourcen, Administrationshaft (300 Kinder in Gefängnissen ohne Anklage, ohne Rechtsbeistand, ohne Gerichtsverfahren) wird die „Entpalästinensierung“ vorangetrieben. Dass dazu deutsche Regierungen durch fast stillschweigende Duldung ihren Beitrag leisten, ist in der Tat kritikwürdig.

Die Kritik am israelischen Regierungshandeln, die als Antizionismus bekannt ist, antisemitisch zu nennen, ist perfide. Sie richtet sich eindeutig nicht „gegen Juden, weil sie Juden sind“, sondern gegen auch von der UNO mehrfach getadeltes Unrechtshandeln; die Kritik kommt ja auch zunehmend von Juden. Sie betreibt nicht die „Auslöschung“ Israels, sondern die Veränderung hin zur Beachtung von Völkerrecht und Menschenrechten, weg von Apartheid und Rassismus: Nicht das „Dasein“ Israels wird delegitimiert, sondern das „Sosein“. Dass die demokratischen Staaten es nicht geschafft haben, Israel von seinem Irrweg abzubringen, hat dazu geführt, dass sich Zivilgesellschaften der Aufgabe annehmen müssen und Initiativen wie BDS – Boykott, Desinvestment, Sanktionen – gegründet wurden; Brumlik würde sie wohl als antisemitisch bezeichnen, wie es auch andere aus Brumliks Dunstkreis tun – was die Meinung nicht richtiger macht. Georg Fritzen, Düren

Der hat ein Schwänzle

„Lecker ist die kleine Schwester von nett“, taz vom 2./3. 12. 17

Ihr heutiger Beitrag war für mich der absolut erfrischendste der Wochenend-taz. Ich habe mich köstlich amüsiert. Denn immer wenn ich Freunden einen Wein einschenke und dann ein „der ist aber lecker“ ernte, dann hebe ich regelmäßig an zu meinen gefürchteten Belehrungen über die wortreichen Möglichkeiten der deutschen Sprache zum Beschreiben von Sinneseindrücken. Davon haben Sie in Ihrem Beitrag ja nun einige wunderbare Beispiele zitiert. Selten so gelacht. Aber nun will ich auch Ihrer Aufforderung zu einer möglicherweise neuen Wortfindung nachkommen. Dabei erinnere ich mich an meinen Vater, der als Schwabe beim Degustieren eines Weins sein positives Urteil gern in den Satz packte: „Ja, der hat ein Schwänzle.“ Vermutlich würden Menschen nördlich der Mainlinie eher profan vom „Abgang“ sprechen. Ich meine aber dass das „Schwänzle“ weit schönere Möglichkeiten der sprachlichen Differenzierung bietet. Klaus-Ulrich Blumenstock, Stuttgart

Widerwärtig!

„Koch wurde dämonisiert“, taz vom 2./3. 12. 17

Die Verleihung der Wilhelm-Leuschner-Medaille an Roland Koch ist nur eines: ekelerregend und widerwärtig.

Reinhold Kern, Mörfelden