Dresdener Fans verwüsten Bayern

Polizei auf Ausschreitungen von Hooligans offenbar nicht vorbereitet. Heftige Kritik an Innenminister Beckstein

MÜNCHEN taz ■ Vielleicht war es eine späte Quittung für Edmund Stoibers Ossi-Schmähungen. Der Sieg von Dynamo Dresden im Zweitliga-Fußballspiel gegen den TSV 1860 München am Freitagabend jedenfalls feierten die Dresdner ordentlich in der bayerischen Landeshauptstadt und auf dem Heimweg. In der Münchner Innenstadt kam es zu Ausschreitungen, eine U-Bahn wurde per Nothalt außerplanmäßig zum Stehen gebracht, Ausländer wurden angepöbelt. Zur endgültigen Eskalation kam es dann auf der Bundesautobahn 93 kurz vor Regensburg, als kurz vor Mitternacht mehr als 40 Reisebusse mit mehr als 3.000 Fans stoppten. Das Ergebnis der Pinkelpause an der Raststation Pentling: geplünderte Kühlregale, zerschlagene Inneneinrichtung und Feuerwerkskörper, die neben den Zapfsäulen gezündet wurden.

Das allerdings berichten keine offiziellen Stellen, sondern nur Augenzeugen. Denn die Polizei kam nach Angaben der Tankstellenmitarbeiter erst nach einer Stunde – „mit vier oder fünf Streifenwagen“. Zu dem Zeitpunkt hatten sich die randalierenden Fans schon weiter Richtung Sachsen abgesetzt. Festnahmen gab es dort keine, im Gegensatz dazu wurden in München 59 Fußball-Anhänger festgesetzt.

Für Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) ein „äußerst ärgerlicher Vorgang“, wie er im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung eingestand. Gewöhnliche Schlachtenbummler hätten dafür gesorgt, dass sich gewaltbereite Fans frei austoben können. Der Krawall habe „eine neue Qualität“ erreicht und müsse Konsequenzen haben. „Es sollte so ein, dass ein bis zwei Polizeifahrzeuge hinter den jeweiligen Bussen hinterherfahren. So machen wir das ja auch bei den Rechtsextremen.“

Auch 1860-Präsident Karl Auer fordert Konsequenzen. In seinen Augen sind alle Spiele mit Dresdner Beteiligung hoch gefährlich. „100, 200 Leute kann man mal im Zaum halten, aber keine 10.000.“ Insgesamt angereist waren aus Dresden 15.000 Fans, das Spiel in der neuen Münchner Arena mit 66.000 Zuschauern war ausverkauft. Schon im Vorfeld hatte die Münchner Polizei eigentlich von einem „High-Risk“-Einsatz gesprochen, sei die Dresdner Fanszene doch mit der heimischen Szene nicht vergleichbar. Es seien viele Frustrierte dabei, Neonazis und nahkampferprobte Türsteher. Umso verwunderter war der bayerische SPD-Chef Ludwig Stiegler, der Beckstein fragte, wie sich die Schläger „unbehelligt von der Polizei austoben“ konnten.

MAX HÄGLER