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Gute Schule

Bildungsbauten haben große Energiepotenziale. Ein erstes Projekt macht in Hockenheim vor, wie man sie nutzt: ein Neubau als Effizenzhaus Plus

Das von der Bundesregierung gesetzte Ziel, den Gebäudebestand bis 2050 klimaneutral zu gestalten, erfordert eine Senkung des Energieverbrauchs im Gebäudesektor um 80 Prozent im Vergleich zu heute. „Bei der Überführung der in der Forschung entwickelten Konzepte und Technologien in die breite Anwendung gibt es aber noch großen Handlungsbedarf“, sagte Frank Heidrich auf dem Kongress „Energiewendebauten“ in diesem Jahr. Der Leiter der Unterabteilung „Wärme und Effizienz in Gebäuden, Forschung“ im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie betonte: „Da müssen wir noch eine Schippe drauflegen.“ Das gilt nicht zuletzt für die Bauten des Bundes selbst. Immerhin, ein Prototyp macht nun vor, wie es gehen kann.

Die Louise-Otto-Peters-Schule (LOP) in Hockenheim sieht aus wie viele Einrichtungen dieser Art, ein sachlicher Zweckbau mit zwei Geschossen und ohne Schnickschnack. Unter dem Flachdach des Neubaus, der am 13. Oktober eingeweiht wird, sind drei Schulformen vereint. Für die Berufsvorbereitung, ein berufliches Gymnasium und die Ausbildung im Bereich der Altenpflege und des Erzieherberufs bietet das Haus künftig insgesamt 280 Schülern Raum. Der Neubau ist ein Effizenzhaus Plus, das mehr Energie produziert, als es verbraucht. Es ist damit ein Vorreiter, das erste im Förderprogramm „Effizienzhaus Plus Bildungsbauten“ finanzierte Projekt. Der Bund hat dafür 447.000 Euro investiert.

„Im Segment Bildungsbauten schlummern große Potenziale, die wir aktivieren sollten“, betont Monika Thomas, Leiterin der Abteilung Bauwesen, Bauwirtschaft und Bundesbauten im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). „Nicht nur, dass viele Schulen ohnehin saniert werden müssen, solche Bauten bieten sich auch durch die Art ihrer Nutzung für eine ambitionierte energetische Ertüchtigung an.“ Vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser wurden hierzulande im Energie-Plus-Standard errichtet. Im Gegensatz zu ihnen haben Bildungsbauten zwei Vorteile.

Überschaubarer Einsatz

Erstens wird Energie dort vor allem tagsüber verbraucht, wenn etwa Photovoltaikanlagen bei gutem Wetter auf Hochtouren laufen. Energieverbrauch und Input durch Erneuerbare wie Sonnenkraft verlaufen in größerem Maße parallel als bei Wohnhäusern. Zudem ist der Stromverbrauch in Bildungsbauten anteilig zur Gesamtfläche und zur Nutzerzahl geringer als im Wohnbereich. „Ein neuer Schulbau lässt sich also mit verhältnismäßig überschaubarem Einsatz zum Plus-Energie-Haus machen“, sagt Thomas. Bis 2050 soll der Gebäudebestand Deutschlands nahezu klimaneutral werden.

Dieses Ziel hat sich die Bundesregierung im Rahmen der Energiewende gesetzt. „Um das zu erreichen“, so Thomas, „benötigen wir solche Plus-Energie-Häuser als Ausgleich für all jene Gebäude, die bis dahin noch nicht effizient genug sind.“

Um die LOP-Schule zum Energieproduzenten zu machen, wurden bewährte Instrumente eingesetzt: gute Dämmung und effiziente Energieerzeugung. Die Gebäudehülle der Effizienzhaus-Plus-Schule unterschreitet deutlich die Anforderungen der Energieeinsparverordnung. Eine Wärmepumpe in Kombination mit Eisspeichertechnologie, die auch für die sommerliche passive Kühlung eingesetzt wird, arbeitet besonders energieeffizient.

Auf das städtische Nahwärmenetz muss zukünftig nur in Spitzenlastzeiten zurückgegriffen werden. Eine Photovoltaik-Anlage dient als „Klein-Kraftwerk“. Mit dem Neubau werden bis zu 65 t CO2 pro Jahr gegenüber einem Standard-Neubau eingespart. „Die Herausforderung bei solch einem Projekt besteht darin, die einzelnen Bausteine aufeinander abzustimmen“, erläutert Thomas. Der Alltagsbetrieb wird über zwei Jahre wissenschaftlich begleitet: Funktioniert das System, wird es vor Ort richtig gesteuert, verhalten die Nutzer sich wie erwartet, lässt das System sich optimieren?

Die wissenschaftliche Begleitung des zweijährigen technischen Monitorings in Hockenheim übernimmt die ina Planungsgesellschaft. Die wissenschaftliche Gesamtauswertung der Effizienzhäuser-Plus-Bildungsbauten läuft über das Fraunhofer-Informationszentrums Raum und Bau (IRB).

„Dass junge Menschen durch diese Projekte im Schulalltag für die Energiewende sensibilisiert werden, gibt dem Thema Klimaschutz zusätzlichen Rückenwind“, ist Thomas überzeugt. Hinzu kommt das quantitative Potenzial, die große Zahl dieses Gebäudetyps: Laut amtlicher Statistik aus dem Jahr 2009 stehen in Deutschland 35.566 Schulen, 394 Hochschulen und 8.981 Berufsschulen. lk