Wahlkampf light im Parlament

Über der Bremischen Stadtbürgerschaft schwebt die am Sonntag anstehende Bundestagswahl. Die Grünen Parlamentarier wirken spürbar zahmer als sonst in ihren Angriffen auf die SPD-Senatoren

bremen taz ■ Der Countdown für die Bundestagswahl hat begonnen. Vor der Bürgerschaft bauen Helfer der Sozialdemokraten eine Bühne auf, für den heutigen Kanzlerbesuch in Bremen. In den letzten Tagen wird sich entscheiden, ob die SPD überhaupt noch eine Chance hat und ob die Grünen weiter der Regierung angehören.

Und auch im Parlament ist der Bundestagswahlkampf spürbar. Besonders auffällig dabei die Zurückhaltung der Grünen in der Auseinandersetzung mit den SPD-Senatoren. Die bildungspolitische Sprecherin Anja Stahmann begrüßt explizit den „Herrn Bildungssenator“ und fragt mehr nach der Zukunft der Erwachsenenschule, als dass sie wirklich die geplante Reduzierung um 30 Lehrerstellen anprangert. Sogleich erhält die Grüne Komplimente von der bildungspolitischen Sprecherin der SPD, Ulrike Hövelmann. Sie lobt „den differenzierten und fairen Beitrag“ der Kollegin, die ja wie alle anderen für den Erhalt der Erwachsenenschule sei. Sie habe eher damit gerechnet, dass es ein „Hauen und Stechen“ gebe. Aber nein. Die Grünen wissen um die prekäre Haushaltsnotlage.

Da fällt es Bildungssenator Willi Lemke (SPD) leicht zu rechtfertigen, dass es Einsparungen geben müsse. Zehn Stellen habe man schon streichen können, ohne dass sich das Angebot verschlechtert habe. Da müsse nun noch mehr „auf den Prüfstand“. Wieviel Lemke an der Erwachsenenschule sparen will, sagt er nicht, nur dass ein breites Angebot erhalten bleiben soll. Niemand wolle auf den zweiten Bildungsweg verzichten, so Lemke. Und an die Grünen gewandt ergänzt er: „Ihr Senator macht genau das, was sie gefordert haben.“ Und grüßt in die Richtung „der lieben Frau Stahmann“. Na denn, ist ja alles bereit für rot-grüne Gemeinsamkeiten.

Und auch in der Frage der Kindergärten hat Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD) nicht wirklich Widerspruch von der Opposition zu erwarten. Allenfalls Rita Mohr-Lüllmann vom Koalitionspartner CDU fragt mal nach, warum denn immer noch genaue Konzepte zur Integration von Behinderung bedrohter Kinder in Tageseinrichtungen fehlten, obwohl die Planungen seit vier Jahren liefen. „Ein Armutszeugnis“ sei das, gerade weil die Parteien doch Konsens anstrebten. Der Senat plant zum kommenden Kindergartenjahr Schwerpunktgruppen für die Integration behinderter Kinder.

„Da sind wir ein gutes Stück vorangekommen“, sagt Karin Röpke, die ein weit verzweigtes Netz und eine wohnortnahe Betreuung der Kinder anstrebt. Wie das konkret aussehen soll, weiß sie allerdings noch nicht so genau. Frank Pietrzok (SPD) verteidigt seine Senatorin, hält es für gut, dass das Konzept erneut überprüft werde, in der Sache gebe es ja keine großen Meinungsverschiedenheiten. Auch bei den wenigen vorsichtigen Einwänden des Grünen Jens Crueger kann Pietrzok zustimmend auf den Tisch klopfen – etwa wenn Crueger davor warnt, das die Gefahr bestehe, dass Kinder in Sondereinrichtungen abgeschoben würden. Befürchtungen, die die Grünen auch schon mal agressiver formuliert haben.

Fast scheint es an diesem Nachmittag so, als sei der Dampf raus aus der politischen Debatte. Viele CDU-Parlamentarier verlassen den Saal, einige gleich die Bürgerschaft. Vielleicht bereiten sie sich vor, auf den Auftritt des Kanzlers bei „seiner Abschiedstournee“, wie es CDU-Politiker Claas Rohmeyer nennt. Er will dort mit der Jungen Union Flyer verteilen, die Grünen hoffen weiter auf Regierungsbeteiligung. ky