Morsleben wird zum Endlager

Der Atomschrott im Salzlager soll eingeschlossen werden. Kosten: 2 Milliarden Euro

BERLIN taz ■ Deutschland bekommt sein Atommüll-Endlager: Das Bundesamt für Strahlenschutz hat gestern bei der zuständigen Genehmigungsbehörde – dem Magdeburger Umweltministerium – die Unterlagen für Morsleben eingereicht. „Der Salzstock wäre das erste Endlager in tiefen geologischen Schichten weltweit“, erklärte Wolfram König, Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz, BfS, in Berlin.

Morsleben – das sozialistische Pendant zu Gorleben: Bis Ende der 60er-Jahre wurde hier, im Sperrgebiet der innerdeutschen Grenze, Salz abgebaut, Ende der 70er-Jahre begannen die Sozialisten Strahlenschrott ihrer AKWs Greifswald und Rheinsberg einzulagern. Zum richtigen Problem wurde Morsleben allerdings erst durch die Bundesrepublik: Obwohl die Anlage niemals einem West-Genehmigungsverfahren Stand gehalten hätte, wurde nach 1994 wesentlich mehr Müll eingelagert, als in der DDR. König: „Was heißt eingelagert: Der Müll wurde oft einfach durch ein Loch in der Decke abgeworfen.“ Erst 1998 war es Greenpeace gelungen, per Gericht dem ein Ende zu bereiten.

37.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktiven Mülls lagern heute in einem Schacht, der dafür nicht geeignet ist. Ende der 90er-Jahre war ein Teil eingestürzt. Obwohl Umweltministerin Angela Merkel die katastrophalen Zustände kannte, stoppte erst Rot-Grün den Betrieb.

Insgesamt 4 Millionen Kubikmeter Salzbeton – ein Gemisch aus feinkörnigem Salz, Filterasche, Zement und Wasser – sind notwendig, um den Strahlenschrott einzuschließen. „Die Abfälle sollen dauerhaft isoliert werden“, so König. Sein Amt rechnet damit, dass eine Genehmigung bis spätestens 2009 vorliegt. Die technische Stilllegung dauert weitere 15 Jahre. Die Schließung kommt den Steuerzahler teuer: Das BfS hat zwei Milliarden Euro Kosten veranschlagt, an denen sich die Atomkonzerne nicht beteiligen müssen. Nach deren Lesart ist Morsleben eine DDR-Altlast.

„Morsleben steht für die Unterschätzung des Atommülls“, sagte König. Wissenschaftler, wie etwa Ernst Ulrich von Weizsäcker, hatten beispielsweise vorausgesagt, dass Atomenergie insgesamt 8.000 Kubikmeter radioaktiven Müll mit sich bringe. Tatsächlich aber fällt diese Menge heute jährlich an. König: „Morsleben belegt, dass es heute keine technologischen Konzepte für die Hinterlassenschaften gibt – wir produzieren nur die Probleme von Morgen.“ NICK REIMER