piwik no script img

Jan-Paul Koopmann Popmusik und EigensinnDer MC von Köpenick

Es ist schon erstaunlich dieses Bedürfnis, Romano in jedem Text aufs Neue zu attestieren: Er meint das alles wirklich ernst und in keinster Weise ironisch. Wahrscheinlich macht man das, weil alles viel zu schön ist, um wahr zu sein. Der echte Typ mit echten Waberbeats, echt von der Straße (Köpenick), echte Baseballjacke, echte Raps mit echter Black-Metal-Kenntnis. Drum and Bass hat er auch mal gemacht und sogar Schlager. Echt!

Außerdem hat das ja auch sowas Versöhnliches, wie er da durch die (nicht mehr ganz so jungen) Jugendkulturen wandelt, ohne sich irgendwo festnageln zu lassen: Alle miteinander und jeder doch wieder ganz anders. In „König der Hunde“ erzählt Romano, wie ihn die WestPop-Welt zur Wende umgehauen hat. Darin strahlt diese kindliche Freude von damals, die natürlich ganz was anderes ist, als dieser grauenhafte 90er-Kitsch, den der restliche Deutsch-Pop seit ein paar Jahren ungebremst in die Radios kübelt.

Anders als die Nostalgie-Dumpfbacken hat Romano nämlich nicht vergessen, dass früher zwar alles besser, darum aber nicht weniger scheiße war. „Hab neue Hobbies – Breakdance und Karate“, rappt er über die Wende. Und warum beides wichtig ist: „Ich seh‘ Springerstiefel, Stahlkappen, Baseball-Schläger /Einstecken, austeilen, zubeißen – Mike Tyson“. Zwei Zeilen zum Verlieben. Geht nicht anders.

Romano, der von Haus aus Roman Geike heißt, ist eine Kunstfigur. Er trinkt seinen Sekt, empfiehlt Männern, mehr aus ihren Haaren zu machen (mindestens Spitzen schneiden!) und sich bei der Pediküre mal so richtig gehen zu lassen. Und da kommt es wieder: Er meint das ernst.

Erst recht diesen Köpenicker Lokalpatriotismus aus dem Schwellenland zwischen Berlin und Provinz, wo die Leute verschroben sind und der Lack ab ist. Das ist ein bisschen lustig aber eben auch schön, wie er da mit den Gealterten abhängt („Wir trinken Sekt in der Champagnerbar“) ohne an ihrer Würde auch nur zu kratzen.

Romano spielt am 11.11., um 18.30 Uhr im Tower

Und das ist eben die große Kunst: Sich selbst nicht richtig ernst zu nehmen, dafür aber alles andere – von Karl May über Mutti bis zum Black Metal.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen