Pop komm raus
: Elende Messe, Messe-Elend

Ich geh nicht auf die Popkomm. Was soll ich da? Unter einer klitzekleinen Bedingung würd ich’s mir vielleicht noch mal überlegen: eine Sänfte, in der man mich in ein Panel zur „Zukunft des Musikjournalismus“ trägt, mit dem Finger auf mich zeigt und sagt: „Noch Fragen?“ Bevor’s unsympathisch wirkt: Sänfte muss nicht sein, auch auf den Fingerzeig kann ich verzichten, nur auf die Einladung bestehe ich. Solange ich keine kriege, bleibe ich zu Hause. Da weiß ich wenigstens was mit mir anzufangen – zumindest mehr als in einer zugigen Messehalle voller Musikmenschen, die sich duzen und dabei Flaschenbier trinken.

Ich weiß, wovon ich rede. 1999 war ich auf der Popkomm, sie damals noch in Köln, ich noch in der Schule und sehr neugierig auf all die Musikmenschen, vor allem auf diese unnahbaren weiblichen. Dass ich dort nichts zu suchen hatte, wurde mir allerdings schnell klar. Eigentlich schon, nachdem mir als Korrespondent vom Mettmanner Stadt- und Szenemagazin You + ME mitleidig der Eintritt gewährt wurde. Da stand ich nun: Und jetzt? Orientierungslos ließ ich mich von der Meute der Musikmenschen durch die Messehallen spülen. Wie ein Schlafwandler, ich erinnere mich kaum noch. Die Hände voller Tüten, bin ich an einem Stand mit Bierzeltatmo aufgewacht, wo’s Weißbier umsonst gab. Ich wollt’s bezahlen. Ich musste noch so viel lernen.

Der Typ, der sich als Playboy-Autor vorstellte (bis heute keine Ahnung, ob er’s wirklich war), saß allein auf einer der Bierbänke, es schien ihm nichts auszumachen. Wir redeten ein bisschen, worüber genau, weiß ich nicht mehr, und ich schaute mir die Musikmenschen an – wie durch Glas. Sie duzten sich und tranken dabei noch nicht so viel Flaschenbier wie heute. Das heißt nicht, dass sie insgesamt weniger tranken, sie benutzten dazu nur Gläser. Ich war mir nicht sicher, ob ich auch mal so werden wollte wie sie.

DAVID DENK